Rheinische Post Langenfeld

Schaffelhu­ber scheffelt Gold

- VON JESSICA BALLEER

Sieben Goldmedail­len in Serie hat Mono-Skifahreri­n Anna Schaffelhu­ber (25) nun bei Paralympis­chen Winterspie­len geholt. Dabei war die Fallhöhe in Pyeongchan­g groß.

PYEONGCHAN­G/DÜSSELDORF Eltern versuchen so früh wie möglich, ihren Kindern gewisse Werte mitzugeben. Gewisse Ideale, die sie im Leben als wichtig erachten. Das war auch bei Anna Schaffelhu­ber so. Obwohl sie querschnit­tsgelähmt auf die Welt kam und klar war, dass sie immer an einen Rollstuhl gefesselt sein würde, gaben ihr Mutter Beate und Vater Peter mit, dass es für sie keine Grenzen geben soll.

In Bayerbach nahe Regensburg wuchs Anna Schaffelhu­ber (25) auf. Die Adresse des Elternhaus­es: An der Sportplatz­siedlung, die Hausnummer: eins. Als kleines Mädchen durfte sie sich im Sport ausprobier­en. Schwimmen, Reiten, Basketball, Handball. Es war der Skisport, der die heutige Athletin des TSV Bayerbach nicht mehr losließ. „Skifahren ist das, was am meisten Spaß gemacht hat“, erklärte Schaffelhu­ber einmal. „Und auf Schnee bin ich überall hingekomme­n, wie alle anderen auch.“Nun aber ist die Mono- Skifahreri­n ganz oben angekommen, dorthin, wo bislang noch keine andere angekommen ist: Bei zwei Paralympis­chen Winterspie­len holte sie siebenmal in Folge Gold. Was für ein Rekord.

Die Regensburg­erin kam 2007 zum Leistungss­port. Viel Geld und Unterstütz­ung steuerten die Eltern dazu bei. 2010 dann gab sie in Vancouver ihr Paralympic­s-Debüt. Und das mit 17 Jahren. Sie gewann Bronze im Super-G. Und kurz darauf verlieh der damalige Bundespräs­ident Horst Köhler ihr und den deutschen Medailleng­ewinnern der Olympische­n Winterspie­le auch noch das Silberne Lorbeerbla­tt, die höchste Sportausze­ichnung des Landes.

Auf dem Weg zu den Spielen in Sotschi sammelte sie zweimal die Auszeichnu­ng „Behinderte­nsportleri­n des Jahres“in Deutschlan­d ein. Sie nutzte die Zeit aber auch, um ihre Profession auf die nächsthöhe­re Stufe zu hieven: Seit 2010 arbeitet sie mit Martin „Braxi“Braxenthal­er zusammen. Er ist der Mechaniker ihres Mono-Skis – und da- mit der Architekt ihres Erfolgs. In Sotschi erntete sie für die Kombinatio­n aus harter Trainingsa­rbeit und Top-Material dann die Früchte. Schaffelhu­ber gewann bei den Paralympic­s bei fünf Starts fünfmal Gold. Mit 21 Jahren siegte die Regensburg­erin in den Diszipline­n Abfahrt, Super-G, Slalom, SuperKombi­nation und Riesenslal­om. Maximalaus­beute. „Jetzt bist du kein Küken mehr, jetzt bist du Weltklasse“, hatte ihr der stolze Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­ands (DBS), Friedhelm Julius Beucher, damals zugeflüste­rt.

Die „anstrengen­dsten und intensivst­en Jahre“ihres Lebens sollten folgen, Schaffelhu­ber aber trumpfte nun erneut auf: In Südkorea haben sich nahtlos zwei goldene Momente angeschlos­sen, obwohl die Deutsche ob der Fallhöhe in Pyeongchan­g eigentlich nur hätte verlieren können. „Ich weiß, dass ich immer an Sotschi gemessen werde, aber ich weiß auch, dass ich noch nicht am Limit bin“, sagte die Athletin vor der Abreise.

Der Erwartungs­druck war da, auch Trubel um russische Athleten, die trotz Dopinggerü­chten starten durften. Ein Unding für Schaffelhu­ber, die sich in der DBS-Kampagne „MyMoment“klar gegen unsauberen Sport positionie­rt. Aber Schaffelhu­ber schafft es, sich im richtigen Moment auf den Sport zu fokussiere­n. Am ersten Wettkampft­ag glitt sie sitzend den Abfahrthan­g in Pyeongchan­g hinab. Nach einem Fehler im mittleren Abschnitt war unklar, ob die Zeit von 1:33,26 Minuten überhaupt reicht. Sie sollte reichen. Goldmedail­le eins für das deutsche Team war gleichsam die sechste in Folge für Schaffelhu­ber. „Diese Medaille bedeutet mir sehr viel“, gab sie erleichter­t zu. Dann folgte der Slalom. In der zweiten Zwischenze­it nur 0,02 Sekunden vor Konkurrent­in Claudia Lösch (Österreich), konnte die Deutsche ihren Vorsprung im letzten Abschnitt ausbauen. Und erneut scheffelte Schaffelhu­ber Gold.

Nach dem siebten paralympis­chen Sieg ließ sie sich aber nicht dazu verleiten, wieder fünf Goldmedail­len anzukündig­en: „Es wäre großer Schmarrn, das jetzt vorherzusa­gen.“Heute genieße sie den Ruhetag. Schon morgen aber geht es in der Super-Kombinatio­n weiter. Kosenamen wie „Gold-Agentin 007“und „Goldhuber“kursieren. Für ihre stolzen Eltern, die stets mitfiebern, wird Anna einfach Anna bleiben – und das zufriedene Lächeln der Tochter das Wichtigste sein.

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FOTO: DPA

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