Hartz-IV-Beziehern Brücken bauen
CDU-Politiker Jens Spahn behauptet, wer Hartz IV beziehe, sei nicht arm. Das ist in unserer Wohlstandsgesellschaft falsch. Als arm gilt, wer weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Das trifft auf Hartz-IV-Empfänger zu. Im Gegensatz zu absolut armen Menschen in Entwicklungsländern, die von weniger als einem Euro pro Tag leben, müssen arme Menschen in Deutschland nicht hungern und haben ein Dach über dem Kopf. In unserer Gesellschaft sind sie dennoch arm. Denn sie können am gesellschaftlichen Leben kaum teilhaben. Sie haben keinen finanziellen Spielraum, jeder Euro ist für das Notwendige verplant. Dennoch wäre es falsch, die Hartz-IV-Sätze zu erhöhen. Schon heute sind wir Sehnsuchtsort für Millionen Menschen aus aller Welt – auch, weil man in Deutschland dank des sozialen Netzes relativ weich fällt. Viele Hartz-IV-Bezieher sind nicht in einen Acht-Stunden-Tag zu vermitteln. Ihnen müssen Brücken gebaut werden. Es braucht keine höheren Bezüge, es braucht Vereinbarungen zwischen Arbeitsagenturen und der Privatwirtschaft, durch die Langzeitarbeitslose ins Arbeitsleben integriert werden. Schlagwort-Debatten haben bei der Armutsbekämpfung noch nie weitergeholfen. BERICHT STEINMEIER BESUCHT SEIN HEIMATLAND, TITELSEITE
ESchlachtfest Energie
inst stand RWE für Ruhe, Wohlstand und Erholung. Davon ist nichts geblieben. 2016 spalteten sich RWE und Eon in vier Konzerne auf, nun zerlegen die Großen den schwächsten und teilen ihn unter sich auf. Die Rechnung für das Schlachtfest zahlen die Mitarbeiter, 5000 Stellen fallen weg. Strategisch macht die Neuordnung Sinn, entsprechend feierten die Börsen. Doch der RWEMitarbeiter, der vor zwei Jahren zu Innogy wechselte, um nun zu Eon oder zum Arbeitsamt zu gehen, kann an der Revolution nichts Gutes finden. Auch nicht der Eon-Mitarbeiter, der zwar Teyssens letztes Sparprogramm überlebt hat, jetzt aber weichen muss.
Bleibt die Frage, warum Politik und Gewerkschaften freudig zustimmen. Bei der Politik dürfte das schlechte Gewissen eine Rolle spielen. Merkel selbst hat mit dem überhasteten Atomausstieg und der anhaltenden Überförderung des Ökostroms die Konzerne in die Nähe der Schlachtbank geführt. Die Gewerkschaften wird man mit vagen Versprechungen und ein paar neuen Arbeitsdirektoren-Posten eingefangen haben. Ein bitterer Tag für die Belegschaft. BERICHT EON BAUT 5000 STELLEN AB, TITELSEITE
Falsche Rücksicht
Der kaltblütige Mord an einem Enthüllungsjournalisten und seiner Verlobten hat die Slowakei in eine politische Krise gestürzt, die jetzt den Innenminister seinen Posten gekostet hat. Aber bevor nicht auch Ministerpräsident Robert Fico seinen Hut nimmt, dürfte sich in dem kleinen Land nicht wirklich etwas zum Besseren wenden. In der Slowakei stinkt der Fisch vom Kopf, und das gilt leider auch für andere ehemalige Ostblockstaaten, welche unter der Kumpanei zwischen alten Parteikadern und politischen Aufsteigern leiden, die dort an die Schalthebel der Macht gelangt sind.
In diesem Klima gedeihen Korruption und organisierte Kriminalität, die den Staat bis in seine Spitze durchsetzen. In der EU hat man diese Zustände zu lange nicht gesehen, vielleicht auch aus falsch verstandener Rücksicht nicht sehen wollen. Nun wird klar, wie dünn der Firnis von Demokratie und Rechtsstaat ist, der die wahren Verhältnisse in einigen dieser postsozialistischen Gesellschaften überdeckt. Jetzt kann nur noch maximaler Druck aus Brüssel dafür sorgen, dass sich daran etwas ändert. BERICHT JOURNALISTENMORD: SLOWAKISCHER..., TITELSEITE