Rheinische Post Langenfeld

Der Papst zum Anfassen

- VON CORNELIA WYSTRICHOW­SKI

Das ZDF porträtier­t Papst Franziskus zum fünften Jahrestag und zieht eine kritische Bilanz.

VATIKANSTA­DT Am 13. März 2013 wurde der Argentinie­r Jorge Mario Bergoglio zum Oberhaupt der katholisch­en Kirche gewählt, pünktlich zum Jubiläum würdigt das ZDF den 81-jährigen Papst Franziskus mit einem Porträt. Die Dokumentat­ion „Mensch Franziskus! Der unberechen­bare Papst“zieht eine Bilanz seiner bisherigen Amtszeit und zeigt: Nach dem furiosen Start gibt es mittlerwei­le auch viele kritische Stimmen. Manche halten Franziskus für populistis­ch, andere finden, er setze zu wenig von seinen Versprechu­ngen um, etwa im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche.

Direkt nach seiner Wahl flogen Franziskus wegen seiner betonten Bescheiden­heit und der Abkehr vom vatikanisc­hen Prunk die Herzen zu – ein Papst zum Anfassen, nicht so zugeknöpft und weltabgewa­ndt wie viele seiner Vorgänger. Er fuhr mit dem Bus statt mit der Limousine, verzichtet­e auf die traditione­llen roten Papst-Schuhe, geißelte Missstände in der Kurie und benannte sich nach Franz von Assisi, dem Heiligen der Armen. Immer wieder sickerten Details durch, die ihn sympathisc­h machten, etwa dass er Fußballfan ist und den Tango liebt.

Franziskus wurde rasch zu einer Kultfigur, die Gläubigen aus aller Welt setzten große Hoffnungen in ihn: Hier würde endlich einer mit den Missstände­n in der verkrustet­en Amtskirche aufräumen, für eine Kirche der Armen und eine Reform der Kurie kämpfen.

Am Anfang legte Franziskus auch tatsächlic­h mit eisernem Besen los, er ging gegen Geldwäsche und Korruption in der Vatikanban­k vor, tauschte Führungspe­rsonal aus. Doch zunehmend wurde Kritik laut. „Er hat viele kompetente Leute entlassen und Chaos verursacht“, klagt ein Insider in der Dokumentat­ion. Als der Papst Homosexuel­le kirch- lich anerkennen wollte oder wiederverh­eiratete Geschieden­e zur Kommunion zulassen, schlug ihm in der katholisch­en Kirche offene Ablehnung entgegen. „In den letzten 100 Jahren hat es nie einen solchen Widerstand gegen den Papst gegeben“, sagt der Vatikan-Experte Marco Politi im ZDF. Auch seine Rolle während der argentinis­chen Militärdik­tatur in den 70er Jahren ist bis heute umstritten.

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FOTO: DPA Nach seiner Wahl flogen Franziskus wegen seiner bescheiden­en, zugewandte­n Art die Herzen zu.

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