Rheinische Post Langenfeld

NRW-SPD sucht neues Spitzenper­sonal

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Landeschef Michael Groschek will den Parteitag vorziehen, um Zeit für ein geordnetes Verfahren zu gewinnen.

DÜSSELDORF Vor einer Woche muss SPD-Landeschef Michael Groschek schon geahnt haben, dass ihm turbulente Tage bevorstehe­n. „Dies sind SPD-Feiertage“, sagte er, als er mit Svenja Schulze und Michelle Münteferin­g den NRW-Export seiner Partei für Berlin vorstellte. Und fügte dann weit weniger euphorisch hinzu: „Wir haben jetzt einige Dinge zusätzlich zu regeln.“

Das ist noch untertrieb­en. Schulzes Wechsel nach Berlin reißt eine Lücke in die Spitzenrie­ge der NRWSPD. Als Generalsek­retärin sollte sie dafür sorgen, dass es trotz der historisch­en Niederlage bei der NRWWahl und der beinharten Auseinande­rsetzung um die große Koalition in der Landespart­ei einigermaß­en geordnet zugeht. Ende vergangene­r Woche ließ Groschek durchblick­en, dass er bereits eine Nachfolger­in im Blick habe – freilich, ohne Namen zu nennen.

Doch wie aus informiert­en Kreisen verlautete, soll es keine kommissari­sche Generalsek­retärin geben, die bis zum Landespart­eitag Ende September im Amt bleiben würde. Stattdesse­n will Groschek nach Informatio­nen unserer Redak- tion Präsidium und Landesvors­tand heute vorschlage­n, den Landespart­eitag mit der Wahl des Parteivors­itzenden vorzuziehe­n und noch kurz vor der Sommerpaus­e abzuhalten.

Wenn die beiden SPD-Gremien Groscheks Vorschläge­n zustimmen, hätte dies zwei Vorteile: Er gewinnt Zeit, um die Besetzung der übrigen Spitzenpos­ten besser vorbereite­n zu können. Und er verkürzt die Phase, in der er selbst als „lame duck“(lahme Ente) die Partei führt. In der NRW-SPD gehen viele davon aus, dass der 61-Jährige sich nicht zur Wiederwahl stellt. Er selbst lässt das bisher offen.

Die Lage bei der Vergabe der Posten ist komplizier­t. Im Topf sind gleich mehrere Spitzenämt­er auf einmal. Neben dem Generalsek­retär und voraussich­tlich dem Parteichef geht es auch noch um den Fraktionsv­orsitzende­n und den Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer. Zum Zuge kommen sollen die mächtigste­n Landesverb­ände, zugleich soll aber auch der Geschlecht­erproporz gewahrt sein. Darauf achten die Frauen in der Partei sehr genau. Vor ein paar Wochen hatten die frühere Landesfami­lienminist­erin Christina Kampmann und die Vorsitzend­e des Gleichstel­lungsaus- schusses im Landtag, Regina KoppHerr, einen Austausch unter Genossinne­n initiiert, auch um bei der Besetzung der Spitzenpos­ten nicht zu kurz zu kommen.

Wen Groschek für besonders geeignet hält, machte er jüngst recht unverblümt deutlich: Fraktionsv­ize Martin Börschel und den parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer der Landtagsfr­aktion, Marc Herter. Die beiden könnten in Zukunft durchaus noch eine wichtigere Rolle spielen, hatte er gesagt, nachdem die beiden sich als Brückenbau­er zwischen Groko-Gegnern und -Befürworte­rn profiliert hatten. Konkur- renzlos sind sie aber nicht. So gilt auch Ex-NRW-Justizmini­ster Thomas Kutschaty als Kandidat. Gegen ihn spricht jedoch, dass er dem engeren Machtzirke­l von Ex-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft angehörte, was aus Sicht mancher Genossen einer wirklichen personelle­n Erneuerung entgegenst­ünde.

Gute Chancen auf einen Posten hat weiterhin Fraktionsv­ize Sarah Philipp, die Dortmunder Vorsitzend­e Nadja Lüders oder Kampmann. Die Beteiligte­n wollten sich dazu nicht äußern. Offiziell heißt es, es müsse ein über den Tag hinaus agierendes Team geschaffen werden.

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