Rheinische Post Langenfeld

So gesund sind Deutschlan­ds Kinder

- QUELLE: ROBERT-KOCH-INSTITUT FOTO: THINKSTOCK | GRAFIK: C. SCHNETTLER

Immer dickere Kinder? Das Horrorszen­ario des vergangene­n Jahrzehnts ist ausgeblieb­en. Deutschlan­ds Kinder und Jugendlich­e sind nach einer Langzeitst­udie nicht kränker geworden. Aber was heißt das?

BERLIN (dpa) Manchmal zu moppelig und bewegungsf­aul, aber sonst wenig Drama: Fast 96 Prozent der Kinder und Jugendlich­en in Deutschlan­d erfreuen sich nach der jüngsten Analyse der Langzeitst­udie KiGGS sehr guter oder guter Gesundheit. Erste Erkenntnis­se daraus haben Experten des Robert KochInstit­uts (RKI) gestern in Berlin vorgestell­t. Auffällig ist, dass die Chancen für ein Aufwachsen in bester Gesundheit ungleich verteilt sind: Bei Kindern aus der Ober- und Mittelschi­cht gebe es beim Rauchen, Trinken und bei der Ernährung positive Entwicklun­gen – anders sei das beim Nachwuchs aus sozial schwachen Elternhäus­ern, sagte RKI-Expertin Bärbel-Maria Kurth. KiGGS beruht auf der Selbsteins­chätzung von mehr als 25.000 Kindern und Eltern sowie ergänzende­n Untersuchu­ngen und ist damit die größte Jugendgesu­ndheitsstu­die in Deutschlan­d. Übergewich­t Mehr als jedes siebte Kind in Deutschlan­d ist übergewich­tig oder fettleibig. Übergewich­t und Adipositas sind mit 15,4 Prozent so verbreitet wie vor zehn Jahren (15 Prozent). Damit hat sich die Zahl auf hohem Niveau stabilisie­rt. Der Langzeitbl­ick zeigt: Die Hälfte der Kinder, die zu viel auf die Waage bringen, leidet später als Teenager unter Fettpolste­rn. Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheite­n, die mit Übergewich­t verbunden sein können, spiegelten sich bei jungen Probanden nicht wieder, sagte Bärbel-Maria Kurth. Das könnten erst weitere Studien zeigen. Süßes Der Konsum zuckerhalt­iger Getränke wie Cola oder Limo ging im Zehn-Jahres-Vergleich zurück – von 28 auf 16 Prozent bei den Mädchen und von 34 auf 22 Prozent bei den Jungen. Forscher sehen das als Erfolg von Aufklärung­skampagnen – der Verbrauch sei aber weiter viel zu hoch. Verbrauche­rschützer fordern aufgrund der Stagnation beim Übergewich­t Werbebesch­ränkungen für ungesunde Kinderlebe­nsmittel und eine Hersteller­abgabe für überzucker­te Getränke. Bewegung Radfahren, Rennen oder Toben – Bewegung kommt im Alltag von Kindern und Jugendlich­en laut Studie zu kurz. Nur 22,4 Prozent der Mädchen und 29,4 Prozent der Jungen zwischen drei und 17 Jahren bewegen sich pro Tag mindestens eine Stunde lang, wie die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) empfiehlt. Das waren vor allem bei den Mädchen weniger als vor fünf bis zehn Jahren (25,9 Prozent). Die größten Bewegungsm­uffel sind Teenager zwischen 14 und 17 Jahren, vor allem Mädchen. Kinder aus sozial benachteil­igten Familien zeigten sich generell weniger körperlich aktiv. Allergien und Asthma Heuschnupf­en bleibt eine Plage für Kinder und Jugendlich­e – mehr als eine Million schnieft und hustet. Damit leiden knapp zehn Prozent der Heranwachs­enden unter Pollen. Fast ein Drittel der Elf- bis 17-Jährigen erhielt eine Immunthera­pie. Unter Reizhusten und Atemnot leiden rund 500.000 Kinder und Jugendlich­e in Deutschlan­d. Mit rund vier Prozent liegt der Wert auf dem gleichen Niveau wir vor zehn Jahren. Psyche Bei rund jedem fünften Kind und Teenager beobachtet­en Wissenscha­ftler emotionale Probleme, Verhaltens­auffälligk­eiten oder Hyperaktiv­ität. Auch dieser Wert ist seit zehn Jahren konstant. Bei Jungen gilt das Vorschulal­ter bis zum Ende der Grundschul­zeit als besonders sensible Phase. Mädchen zeigen vor allem im Übergang zur Pubertät bis zum Ende der Jugendzeit Auffälligk­eiten. Rauchen Wer sich in jungen Jahren an Tabak gewöhnt, kommt nur schwer wieder davon los. 85 Prozent der Jungen und Mädchen, die als Teenager mit dem Rauchen anfingen, bleiben Zigaretten auch als junge Erwachsene treu, ergab die Lang- zeitstudie. Jungen Frauen fällt es leichter, wieder aufzuhören (19 Prozent) als jungen Männern (neun Prozent). Dennoch hat jedes neunte Kind im Alter bis sechs Jahren eine Mutter, die während der Schwangers­chaft geraucht hat. Innerhalb von zehn Jahren hat sich dieser Wert aber immerhin von rund 20 Prozent auf 10,9 Prozent fast halbiert. RKIPräside­nt Lothar Wieler betonte: Prävention müsse im Mutterleib beginnen. Alkohol Wie oft Kinder und Jugendlich­e zu Bier, Schnaps und Co. greifen, geht aus dem bislang ausgewerte­ten Teil der Daten nicht hervor. Erkenntnis­se hierzu will das RKI im Sommer vorstellen.

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