Rheinische Post Langenfeld

Ein Tropfen Orange

- VON ANKE KRONEMEYER

Die internatio­nale Weinszene trifft sich ab Sonntag bei der Messe Pro Wein in Düsseldorf. Die neuen Trends: Weine mit geringem Alkoholgeh­alt, eine orangefarb­ene Variante, und nun wird sogar der Kabinett hip.

Ein Sportartik­elherstell­er entwickelt einen neuen Sneaker, der auf den Namen Shiraz getauft wird. Und da das kräftige Rot an die Trend-Weinsorte erinnert, soll ein Sommelier den passenden Wein zur etwas anderen Art einer Schuh-Präsentati­on einschenke­n: So geschehen in Düsseldorf, letztens bei einem schrägen Event in der Innenstadt, zu dem der Wein-Experte Toni Askitis gebeten worden ist. Er ist ein junger Sommelier, hat sich die Wehlener Sonnenuhr, eine Weinlage an der Mosel, auf den Unterarm tätowiert und polarisier­t mit seinem unkonventi­onellen Auftreten.

Askitis beweist: Das Thema Wein ist auch für junge Leute interessan­t. Nur wollen sie keine Liebfrauen­milch wie ihre Großeltern trinken, sondern frischen, jungen Wein mit feiner Säure oder leichter Frucht – zum Essen, auf einer Party, aus der Box oder der Flasche. Das bestätigt Paula Sidore, Amerikaner­in mit Wohnsitz in den Weinbergen des Mittelrhei­ns und als Trend-Expertin auf der ProWein gebucht: „Früher war die Weinszene ein geschlosse­nes System mit nur wenigen, vor allem älteren Insidern. Heute können sich alle über alles informiere­n, auch im Internet.“Einige Trends: Orange-Wein Das ist gerade der angesagtes­te Wein, vor allem bei denen, die gerne experiment­ieren. Der Wein hat einen orange-farbenen Ton. Dafür werden Weißweintr­auben wie Rotwein gekeltert, die Schalen und Stengel der Trauben bleiben während der Maischphas­e länger als sonst liegen. Manchmal sogar Wochen oder Monate statt nur zwei Tage wie bei einem normalen Rotwein. Einige Orange-Weine sind auch nicht geschwefel­t, gelten als Naturweine. Georgier stellten diesen Wein im 15. Jahrhunder­t her und ließen ihn in Ton-Amphoren reifen. Warum man diesen Wein mal probieren sollte, erklärt Klaus Wählen, Weinhändle­r und Betreiber einer Weinbar in der Düsseldorf­er Altstadt: „Orange-Weine liefern ein ganz besonderes Geschmacks­erlebnis, vor allem als Essensbegl­eiter.“Die Weine seien klar, trotzdem tannin-geprägt. Aber: „Die Weine schmecken nicht jedem.“Und kosten ihren Preis: Eine Flasche gibt es nicht unter 15 Euro. Orange-Weine werden in Georgien, aber auch in der Südsteierm­arkt, im Friaul oder in Slowenien, zum Teil auch in Deutschlan­d produziert. Bio-Wein Immer mehr Winzer stellen ihre Weine biologisch her, verzichten auf Insektizid­e, Pestizide oder chemische Mittelchen im Weinkeller, um den Wein zu schönen, wie es heißt. Vielen, wie zum Beispiel Andre Landgraf aus Saulheim in Rheinhesse­n, ist es dabei gar nicht wichtig, dass auch „Bio“auf dem Etikett steht. Entscheide­nd ist, dass sie selbst im Einklang mit der Natur arbeiten. Generell steigt der Absatz von Bio: In Deutschlan­d wurden mit Bio-Lebensmitt­eln und -getränken 2017 erstmals mehr als zehn Milliarden Euro umgesetzt. 300 Bio-Winzer sind bei der ProWein dabei. Veganer Wein Eigentlich ist jeder Wein vegan, weil offiziell keine tierischen Produkte enthalten sind. Außer, jemand benutzt Gelatine oder Hühnereiwe­iß zur Klärung oder auch Pulver aus Fischblase­n. Das soll die Trübstoffe herausfilt­ern. „Ab einer bestimmten Menge müssten diese Stoffe deklariert werden“, erklärt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstit­uts (DWI). Das sei aber nur ganz selten nötig, weil so gut wie nichts von den Klärungsmi­tteln im Wein zurückblei­bt, die meisten Winzer sie auch gar nicht verwenden. Trotzdem verzichten viele darauf, ihren Wein als „vegan“zu bewerben, um nicht in der Öko-Schublade zu landen. Leicht und süffig Vor allem bei der jungen Generation ist „Easy drinking“angesagt. Heißt: keine alkoholsch­weren Weine, lieber etwas Leichtes. Für diese Zwecke hat sich der „Kabi“(die Eltern sagten noch Kabinett) durchgeset­zt und erlebt gerade eine Renaissanc­e. Im „Cool Climate“von Deutschlan­d gerät dieser Weintyp besonders gut, denn durch die lange Reifezeit der Trauben haben die Weißweine viel Geschmack und trotzdem wenig Alkohol. Eigentlich sind Kabinett-Weine nicht die allerbeste Qualität, die von einem Weingut kommt. Durch den Trend zum Süffigen setzt er sich immer mehr durch – zumal ihn die jungen Winzer wie Kai Schätzel aus Nierstein in Rheinhesse­n viel frischer ausbauen als früher. Mit dem Ergebnis übrigens, dass es in Düsseldorf am Wochenende eine „KabiLounge“in der Altstadt gibt, in der jeden Abend die Flaschen zur lauten Musik geöffnet werden. Auch wenn sich Kabinett-Weine als Jungweine anbieten: „Man kann sie auch wun- derbar fünf oder zehn Jahre im Keller liegen lassen, sie verändern dann komplett ihren Geschmack“, sagt Sommelière Paula Sidore. Weniger Alkoholgeh­alt Als die Hitzewelle im Jahr 2003 die Weine in ungeahnte Volumenpro­zent trieb (und keiner diese Weine trinken wollte), war das der Weckruf für die Weinszene, sagt Ernst Büscher vom DWI. Seitdem sind Weißweine mit weniger Alkohol populär. Vorreiter sind zum Beispiel die Weinbauern an Mosel und Saar. „Leichte Weine haben Zukunft“, sagt zum Beispiel Markus Molitor, Vorzeige-Winzer von der Mosel. Er investiert zurzeit in großem Stil in gleich zwei neue Flächen: Zum einen hat er an der Saar die frühere Staatsdomä­ne übernommen und baut dort demnächst auf 22 Hektar Bio-Wein an. Das zweite Projekt entwickelt er mit einem weiteren berühmten Winzer, Roman Niewodnicz­anski vom Weingut Van Volxem von der Saar: Beide beackern den Geisberg bei Ockfen und wollen dort ihre typischen, leichten Mosel- und SaarWeine produziere­n. Die haben oft nur zehn Volumenpro­zent Alkohol und eignen sich ebenfalls zum „easy drinking“. Alkoholfre­ier Wein Und dann ist da noch der Wein ganz ohne Alkohol: Auch der liegt im Trend. Es gibt mittlerwei­le Techniken, den Alkohol ganz oder in Teilen aus dem Wein zu ziehen, ohne dass er viel von seinem Aroma verliert. Alkoholfre­ier Traubensec­co, wie ihn mittlerwei­le nicht nur der berühmtest­e deutsche Versekter Volker Raumland aus Flörsheim herstellt, gilt als alkoholfre­ies Vorzeigepr­odukt aus Winzerhand.

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FOTO: DPA Für den Orange-Wein werden Weißweintr­auben wie Rotwein gekeltert, manche gelten auch als Naturweine.

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