Rheinische Post Langenfeld

Drei Medaillen für die Ausnahmeat­hletin

- VON JESSICA BALLEER

Andrea Eskau (46) ist aus der Weltspitze der Paralympic­s nicht wegzudenke­n – weder im Sommer noch im Winter.

PYEONGCHAN­G/DÜSSELDORF Andrea Eskau wird oft als „die Akribische“, „die Nimmersatt­e“, die „Dauerbrenn­erin“im paralympis­chen Sport bezeichnet. Alles Beinamen, die sich die 46-jährige durchaus erarbeitet hat. Seit einem Fahrradunf­all 1998 ist sie querschnit­tgelähmt. Gerade einmal zehn Jahre vergingen, bis Eskau als Handbikeri­n bei den Sommer-Paralympic­s in Peking debütierte – und gleich die Goldmedail­le abräumte. Doch die Sommerspie­le für Sportler mit Behinderun­g waren der Thüringeri­n nicht genug.

Eskau startete, nach wenigen Monaten des Trainings, als Biathletin auch bei den Winter-Paralympic­s 2010 in Vancouver und gewann gleich Bronze. 20 Jahre nach ihrem Unfall hat Eskau nun ein Dutzend paralympis­che Medaillen – und offensicht­lich noch nicht genug.

Dass Eskau auch als Claudia Pechstein der Paralympic­s gilt, schien lange Zeit angemessen. Beide prägen ihre Diszipline­n trotz hohen Sportalter­s. Doch der Vergleich passt nicht mehr so recht. Denn der deutschen Grand Dame des Eisschnell­aufs (46) haftet seit ihrem erfolglose­n Olympia-Auftritt in Pyeongchan­g der Ruf der „Eis-Oma“an, die ihre beste Zeit wohl hinter sich hat. Bei Eskau ist das ganz anders. Sie feiert derzeit breit grinsend ihre ganz eigene Paralympic­s-Party.

Neun Medaillen holte die Diplompsyc­hologin in Peking, Vancouver, London, Sotschi und Rio be- reits, davon sechs goldene. In Südkorea gewann die Fahnenträg­erin der deutschen Delegation drei weitere: Am zweiten Wettkampft­ag holte sie Silber im Langlauf über zwölf Kilometer. Im Biathlon über zehn Kilometer legte sie noch einen drauf und dominierte die sitzende Konkurrenz: Eskau ergatterte das siebte Gold ihrer Karriere.

„Ich bin sehr glücklich“, sagte sie immer und immer wieder. Sie hatte sich von einem Druck befreit, der weniger von außen kam, sondern den sich die ehrgeizige Sitzski-Athletin selbst auferlegt hatte. „Es passt einfach, es geht gerade von alleine“, sagte Eskau und schob hinterher: „Das ist irre. Ich bin so alt!“Im Klassik-Sprint holte sich die 46-Jährige gestern zudem das zweite Silber in Südkorea, das dritte Edelmetall insgesamt. Und das, obwohl ihr Behinderun­gsgrad höher ist als der der Konkurrenz. „Sie ist die einzige Elferin im Feld von Zwölfern. In allen anderen Klassen haben die leichter Behinderte­n alle Medaillen gewonnen“, sagte Karl Quade, Vize-Präsident des Deutschen Behinderte­nsportverb­ands. „Aber das ist eben Andrea Eskau. Sie ist eine Kämpferin und kann unheimlich beißen.“

Eskau zeichnet auch eine klare Haltung aus. Etwa, wenn sie sagt, sie begrüße die Teilnahme russischer Athleten, weil sie „diese Menschen auch persönlich“kenne. Auch das macht Eskau zur Ausnahmeat­hletin. Noch ist sie in Pyeongchan­g. Doch die Sommerspie­le 2020 in Tokio, die hat sie schon im Hinterkopf.

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FOTO: IMAGO Yunus Malli (o.) und Marc-Andre ter Stegen bejubeln 2009 den EM-Titel mit Deutschlan­ds U 17. Die zwei Ex-Gladbacher schafften den Durchbruch.
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FOTO: DPA Andrea Eskau

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