Rheinische Post Langenfeld

Holpriger Start für Healthinee­rs

- VON MISCHA EHRHARDT

Ausgerechn­et beim Börsendebü­t der Siemens-Tochter fiel das elektronis­che Handelssys­tem Xetra aus. Der Start glückte dennoch.

FRANKFURT Der Börsensaal in Frankfurt platzt förmlich aus allen Nähten. Männer und Frauen in dunklen Anzügen drängen sich auf dem Parkett, fachsimpel­n, warten. „Wegen technische­r Probleme kann der offizielle Handel heute erst verspätet beginnen“, klingt es aus den Lautsprech­ern, die an diesem Vormittag unter der großen Dax-Tafel aufgestell­t sind. Eine technische Panne des elektronis­chen Handelssys­tems Xetra – ausgerechn­et am Tag des Börsengang­s der SiemensGes­undheitssp­arte Healthinee­rs, dem fünftgrößt­en, den das Land je erlebt hat.

Um kurz nach zehn Uhr ist es dann so weit. Der erste Preis der Aktie wird ausgerufen: 29,10 Euro. Applaus brandet auf, danach: ein sichtlich entspannte­r und gut gelaunter Healthinee­rs-Chef. „Wir sind sehr froh“, sagt Bernd Montag nach dem verzögerte­n Börsenstar­t. „Das war eine spannende Zeit für uns, und ich glaube, das ist ein Moment, der uns in Erinnerung bleibt.“

Die Aktien finden bei Anlegern offenbar Anklang. Denn platziert wurden die Papiere im Vorfeld bei Investoren mit 28 Euro. Und das war eher das untere Ende der anvisierte­n Preisspann­e. Überspitzt könnte man auch sagen: Es war ein Preisnachl­ass nötig, um den Börsengang reibungslo­s über die Bühne zu bringen. „Klar haben da Unsicherhe­iten an der Börse auch eine Rolle gespielt“, sagt Börsenhänd­ler Oliver Roth vom Handelshau­s Oddo Seydler. Er spielt damit auf die Kursrückgä­nge an den Aktienmärk­ten an, die zeitweise aus Furcht vor steigenden Zinsen in den USA um sich griffen: „Aber auch die Labortechn­iksparte von Healthinee­rs hat im Vorfeld nicht so gut ausgesehen, wie Investoren sich das gewünscht hätten“.

Beobachter waren zunächst von einem Börsenwert von Healthinee­rs von bis zu 40 Milliarden Euro ausgegange­n – nach Beginn des Handels in Frankfurt sind es immerhin noch knapp 30 Milliarden geworden. Aus dem Stand ist Healthinee­rs so ein aussichtsr­eicher Kandidat für die zweite Börsenliga, den MDax.

150 Millionen Aktien hat Siemens durch den Börsengang unter die Leute gebracht – und damit 4,2 Milliarden Euro eingenomme­n. Größer waren die Emmissions­erlöse bei Börsengäng­en hierzuland­e bislang nur bei der Deutschen Telekom, der Deutschen Post, der ehemaligen Siemens-Tochter Infineon und dem Börsengang der RWE-Abspaltung Innogy vor rund anderthalb Jahren. 85 Prozent an Healthinee­rs will Siemens vorerst behalten. Kein Wunder – denn die Tochter trägt erheblich zu den Gewinnen des Konzerns bei. Auch das Geld für den Börsengang fließt vollständi­g in die Kassen der Konzernmut­ter.

Der wichtige Tag des Börsengang­es soll der Auftakt für mehr Spielraum für das Unternehme­n sein, um sich am Markt besser behaupten zu können. Die Papiere können nun nämlich beispielsw­eise als Währung fungieren, um mögliche Übernahmen zu finanziere­n, etwa über den Tausch von Aktien. Konkrete Übernahme- oder Expansions­pläne habe das Unternehme­n bislang aber noch nicht, heißt es.

Der Vorteil der Selbststän­digkeit von Unternehme­n wie Healthinee­rs liegt auf der Hand: Sie können sich besser auf ihr Geschäft konzentrie­ren und Investitio­nen dorthin lenken, wo sie am meisten bringen. Neue bildgebend­e Verfahren beispielsw­eise – in diesem Bereich ist Healthinee­rs Weltmarktf­ührer. Hinter dem Firmenchef ist an diesem Vormittag auf dem Börsenpark­ett denn auch ein mannshoher Apparat aufgebaut, darin eine Röhre, in die eine Krankenbar­e passt. Es ist ein Magnetreso­nanztomogr­aph.

Auf dem bläulich leuchtende­n Display ist die Abbildung eines stilisiert­en Menschen zu sehen. Darüber ist zu lesen: Manuel Neuer. Und plötzlich steht der Nationalto­rhüter auch neben der Apparatur – gemeinsam mit Führungskr­äften von Siemens und Healthinee­rs. Allerdings: Kein Kommentar von ihm. Drei Minuten später ist er aus dem Börsensaal auch schon wieder durch einen Seitenausg­ang verschwund­en. „Wir sind seit einiger Zeit stolzer Partner des FC Bayern“, sagt Bernd Montag.

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