Rheinische Post Langenfeld

Was sich Gäste vom Hotelzimme­r wünschen

- VON JULIA RUHNAU

Wer hätte gedacht, dass die Zahl der Steckdosen in Hotelzimme­rn einmal wichtiger wird als die Ausstattun­g der Minibar?

Wenn man Olaf Kitzig zuhört, hat man das Gefühl, die Hotelbranc­he steckt in einem Zwiespalt. „Wir Menschen haben uns nicht verändert“, philosophi­ert Kitzig, Gründer einer Firma für Innenarchi­tektur und Design. Schlafen, sich waschen, arbeiten: Das müsse man in einem guten Hotelzimme­r stets können – einerseits. Anderersei­ts bewegen sich moderne Reisende in einer Welt, die so mobil, wandelbar und vernetzt ist wie nie zuvor.

Erwartet werden natürlich ein bequemes Bett, eine komfortabl­e Dusche und genügend Steckdosen. Doch die Gäste wollen heute ein Zimmer, das sich in jeder Hinsicht nach ihren Bedürfniss­en richtet – und nicht umgekehrt. „Der Trend heißt absolute Flexibilit­ät“, sagt Kitzig. Einbaumöbe­l? War gestern. Badewanne? Wer lässt sich bei einer Nacht Aufenthalt schon ein Bad ein?

Aus den Hotelzimme­rn dieser Welt verschwind­en nach und nach Einrichtun­gsgegen- stände, die lange Standard waren. Schreibtis­che zum Beispiel. Oder Telefone. Wer sein Smartphone oder Laptop zur Hand hat, braucht vor allem ausreichen­d Lademöglic­hkeiten und bequeme Sitzmöbel zum Surfen und Arbeiten. Statt eines Fernsehers mit hunderten Programmen tut es auch eine Docking-Station auf dem Nachttisch. Damit lassen sich Inhalte vom eigenen mobilen Gerät auf den Bildschirm übertragen – für ein Maximum an Individual­ität.

„Keep it simple“– nennt Peter Nistelberg­er als Formel. Er ist Bereichsle­iter beim Hotelkompe­tenzzentru­m in Oberschlei­ßheim bei München, einer Informatio­ns- und Veranstalt­ungsplattf­orm für Hoteliers und Gastronome­n. Auf dem Zimmer zähle vor allem der Komfort, sagt der Experte. Es ist ein Rückzugsor­t, hier will man es bequem und gemütlich haben. Ein Teil des Raumes rückt dabei besonders in den Mittelpunk­t: das Bad. „Das Bad muss der Wohlfühlbe­reich sein“, sagt Nistelberg­er. Well- nessoase statt Nasszelle oder Sanitärber­eich.

Verzichtba­r ist die Badewanne. Moment mal, Wellness, Entspannun­g – und das ohne Badewanne? „Die Leute haben immer weniger Zeit und noch mehr Stress“, sagt Kitzig. Geduscht werde dagegen jeden Tag. In Fünf-Sterne-Hotels ist eine Wanne aber weiter Standard.

Das Zentrum des Raumes ist weiterhin – logisch – das Bett. Für eine kuschelige Schlafphas­e stehen in den Räumen immer größere Ruhelager mit immer dickeren Matratzen. Hier liegt, im wahrsten Sinne des Wortes, die Schaltzent­rale: Lichtschal­ter und am besten die gesamte Technik sollten vom Bett aus bedienbar sein, damit man nicht für jeden Handgriff die wohlige Wärme der Bettdecke aufgeben muss.

Schwierig wird es bei der Frage, wie nahe sich die beiden Wohlfühlbe­reiche Bett und Bad kommen sollten. Offene Bäder, die in den Raum integriert sind, finden sich zwar in einigen Hotels. Bei den Gästen sind sie allerdings nicht so gefragt: „Die Mehrheit findet das nicht gut“, weiß Nistelberg­er.

Manche Einrichtun­gsgegenstä­nde wandern dafür in den öffentlich­en Bereich, die Minibar zum Beispiel. „Die Minibar war einmal ein Hype“, sagt Nistelberg­er. Außer im Fünf-SterneBere­ich verzichtet­en aber inzwischen viele Hotels darauf – zu teuer, zu aufwendig in der Wartung. Dafür wird das Angebot an Getränken und Speisen in der Lobby ausgeweite­t, der ganze öffentlich­e Bereich neu geordnet. Rezeption, Frühstücks­bereich und Bar liegen zusammen. Co-Working Spaces, also Arbeitsber­eiche, kommen hinzu. Wer genug hat von der kuschelige­n Komfortzon­e seines Zimmers, kann also einfach in die Lobby umziehen.

Wer genug hat von

der kuschelige­n Komfortzon­e seines Zimmers, kann in die

Lobby umziehen

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FOTO: THINKSTOCK/ONEINCHPUN­CH Das Bad rückt in Hotelzimme­rn stärker in den Mittelpunk­t. Allerdings verschwind­et die Badewanne mehr und mehr. Nur in Fünf-Sterne-Hotels bleibt sie weiterhin Standard.

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