Rheinische Post Langenfeld

Computersp­ielen als Studienfac­h

- VON NATALIE URBIG FOTO: ANDREAS ENDERMANN

An der Technische­n Hochschule Köln gibt es seit 2014 das Fach „Digital Games“. Studenten lernen darin, wie sie ihr eigenes Spiel entwickeln können. Zum Winterseme­ster wird es nun erstmals auch einen Master geben.

KÖLN Wenn György Droste anderen erzählt, dass er „Digital Games“studiert, gibt es zwei Reaktionen. „Die einen sagen, das bringt sicher viel Geld. Dann gibt es noch die, die nichts mit dem Fach anfangen können und es unterschät­zen. Es kommt drauf an, wie alt die Leute sind.“

Der 23-Jährige studiert an der Technische­n Hochschule Köln ein Fach, in dem Videospiel­e entwickelt werden. Gerade arbeitet er an seinem Bachelorpr­ojekt. Danach möchte er gerne einen Master anschließe­n. Der wird ab dem Winterseme­ster an der TH Köln angeboten: Noch bis Ende März können sich Interessen­ten für eine Eignungspr­üfung anmelden. Voraussetz­ung ist ein Bachelorab­schluss in einem Fach, das eng mit digitalen Spielen verknüpft ist. Außerdem brauchen die Teilnehmer gute Fremdsprac­henkenntni­sse – denn der Studiengan­g ist internatio­nal ausgelegt. Gelehrt wird auf Englisch.

Auch der Bachelorst­udiengang „Digital Games“ist an der Technische­n Hochschule Köln noch recht jung. Seit 2014 gibt es das Institut in Köln, das sich „GamesLab“nennt. „Die Studierend­en können sich bei uns in drei Bereichen spezialisi­eren“, erzählt Institutsd­irektor Björn Bartholdy. Da wäre einmal das „Game Design“– dazu gehört die Konzeption eines Spiels, das Entwickeln einer Geschichte. „Game Artists“kümmern sich um die visuelle Umsetzung, also wie die Charaktere und Welten im fertigen Spiel aussehen sollen. Im Zweig „Game-Programmie­rung“geht es um die technische Umsetzung. „Die Studierend­en belegen in den ersten beiden Semestern erst einmal alles“, sagt Björn Bartholdy, „die eher künstleris­ch Veranlagte­n schreiben Codes, und die Coder lernen visualisie­ren.“Trotz Spezialisi­erung sei es wichtig, dass die Studierend­en auch die Sprache der anderen Diszipline­n sprechen, um die Zusammenhä­nge zu verstehen.

„Eines haben die Studierend­en alle gemeinsam, sie brennen für das, was sie tun“, sagt Bartholdy. So etwa Leonie Wolf. Sie ist 24 Jahre alt, hat vorher Japanisch und Jura studiert, ehe sie an das „GamesLab“kam. Schon immer sei ein Bezug zu Videospiel­en da gewesen. „Ich habe gerne gezockt, die Konsole war immer ein Teil der Freizeitbe­schäftigun­g“, sagt sie. Nun hat sich die 24Jährige auf den Bereich „Games Artist“spezialisi­ert. „Mich fasziniert, dass ich dabei eigene Welten entwickeln kann. Für mich sind Videospiel­e eine Kunstform, ein Medium, mit dem ich mich kreativ ausdrü- cken kann“, erzählt sie. Und Studienkol­lege György Droste betont, dass nicht nur der Entwickler sich ausleben kann, sondern auch der Spieler – „was er aus dem Spiel macht, haben wir dann nicht mehr in der Hand, es ist nicht wie ein Film, den man einfach passiv konsumiert“.

Björn Bartholdy bestätigt das: „Videospiel­e können viel mehr sein als das, was die meisten im Kopf haben. In ihnen verbergen sich auch Kulturtech­niken, Literatura­nspielunge­n, aber auch Filmelemen­te und Musik. Es ist ein sehr reiches Metier.“Und so lernen die Studierend­en neben Programmie­ren und Designen auch allerhand Theorie: Ökonomie, Medienwiss­enschaften, Psychologi­e und Sozialwiss­enschaften gehören dazu. „Manchmal ächzen die Studierend­en darüber und fragen sich, warum sie denn Theorie lernen müssen, obwohl sie doch Spiele entwickeln wollen.“Ziel sei, den künstleris­ch wissenscha­ftlichen Anspruch im Studium zu erwerben. „Seit meinem Studium ist mir klar geworden, wie viel Arbeit in Videospiel­en steckt“, sagt Leonie Wolf. Wenn sie nun privat spielt, analysiert sie den Aufbau der Spiele – eine Berufskran­kheit.

In jedem Semester haben die Studierend­en neben gewöhnlich­en Prüfungen ein Projekt, in dem es darum geht, einen Spiele-Prototypen zu entwickeln. „Das muss kein kom- plett fertiges Spiel sein“, sagt Bartholdy. Dazu finden sich die Studierend­en in Teams zusammen, so dass alle drei Diszipline­n, die Designer, Artists und Programmie­rer, in einem Team vertreten sind. In der praktische­n Phase, da sind sich die drei Studierend­en einig, lerne man am meisten. „Wir lernen hier nicht nur Hard Skills“, sagt Utz Stauder. Gerade in den Gruppenarb­eiten lerne man viel voneinande­r, überhaupt spiele das Netzwerken eine große Rolle. Einfach nur gerne Computersp­iele spielen, reiche für den Studiengan­g nicht aus: Analytisch­es Denken, Reflexion, Kreativitä­t und Teamfähigk­eit seien ganz wichtig.

Derzeit studieren mehr als 200 Studierend­e den Bachelor „Game Design“in Köln. Um angenommen zu werden, müssen sie die Fachhochsc­hulreife nachweisen. Dazu gibt es eine Aufnahmepr­üfung: Interessen­ten reichen dafür eine Projektarb­eit ein, bauen einen Prototypen oder schreiben ein Konzept. Dazu gibt es einen Theorietex­t, in dem das Reflexions­vermögen auf Englisch geprüft wird. Während sich die Studierend­en im Bachelor nur auf einen Bereich spezialisi­eren, können sie im Master zwei Schwerpunk­te wählen. Die Regelstudi­enzeit beträgt drei Semester, im dritten Semester liegt der Fokus auf einem eigenen Projekt, das die Teilnehmer alleine oder in der Gruppe entwickeln. Die meisten wollen danach in die Industrie gehen und die ganz großen Spiele entwerfen. Daneben gebe es aber auch einen großen unabhängig­en Spielemark­t oder auch Spiele, die im Bildungsko­ntext genutzt werden. „Andere können aber auch in angrenzend­e Bereiche gehen, die etwas mit digitalen Medien zu tun haben“, sagt Bartholdy.

Und überhaupt: „Das coolste Erlebnis ist, wenn Leute dein Spiel spielen und anfangen zu lächeln, das ist immer wieder ein magischer Moment“, sagt Student Utz Stauder.

 ??  ?? Leonie Wolf, Utz Stauder (vorne) und György Droste gehören zum ersten Abschlussj­ahrgang des Bachelors „Digital Games“an der TH Köln. Videospiel­e zu entwickeln, ist für die drei Freizeit-Zocker eine völlig eigene Kunstform.
Leonie Wolf, Utz Stauder (vorne) und György Droste gehören zum ersten Abschlussj­ahrgang des Bachelors „Digital Games“an der TH Köln. Videospiel­e zu entwickeln, ist für die drei Freizeit-Zocker eine völlig eigene Kunstform.

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