Rheinische Post Langenfeld

Unterwegs mit der Fähre

- VON CHRISTOPER TRINKS

Von Urdenbach bis Zons dauert es nur wenige Minuten. Für einige ist die Überfahrt wie ein kleiner Urlaub.

URDENBACH Düsseldorf und der Rhein – ohne den gewaltigen Strom, der schon im Mittelalte­r Handel und Besucher in die Stadt lockte, gäbe es die Landeshaup­tstadt wohl nicht. Flanieren auf der Rheinuferp­romenade, Entspannen am Hammer Rheinstran­d oder Spazieren in der Urdenbache­r Kämpe sind nur einige der schönsten Aktivitäte­n, die der Rhein am Wochenende bei gutem Wetter zu bieten hat. Unter der Woche ändert sich jedoch die Gemütslage. Da ist der Fluss nicht selten Ursache für die überstrapa­zierten Nerven vieler Berufspend­ler.

Ravil Fajculin Wenn die quälend langsam vorankomme­nden Blechlawin­en den Feierabend­verkehr auf den Autobahnen verstopfen, stellt der Rhein für Autofahrer ein Hindernis dar. Im Verhältnis dazu symbolisie­ren die Rheinbrück­en als Passagen nur die Größe von Nadellöche­rn.

Doch des einen Leid kann auch des anderen Freud’ sein. Wenn der Verkehr auf eine der Brücken gesperrt ist, herrscht bei der Rheinfähre Zons-Urdenbach Hochbetrie­b. „Die Fleher Brücke ist ja öfter mal dicht. Das merken wir besonders“, sagt Ravil Fajculin. Der gebürtige Ukrainer ist schon mehr als 20 Jahren Schiffsfüh­rer auf der „Niederrhei­n“. Seit sich der Zustand vieler Brücken am Rhein immer mehr verschlech­tert, ist die Fähre längst kein Geheimtipp mehr. „Zwischen 9 und 14 Uhr und 18 und 20 Uhr ist unter der Woche am Meisten los“, sagt er. Damit sich die Zeiterspar­nis für die Autofahrer lohnt, muss Akkord-Arbeit geleistet werden. Bis zu 16 Autos können die beiden je 170 PS starken Dieselmoto­ren auf die andere Seite bringen, immer im Blick dabei die Frachtschi­ffe und Kanus, die auf dem Fluss kreuzen. Zwar dauert die Überfahrt gerade einmal vier Minuten, für manche der Passagiere reicht das aber schon, um kurz mal von der Arbeit abschalten zu können.

Fatma Bacak ist eine davon. Auf dem Weg von ihrem Wohnort Zons zu ihrem Getränkema­rkt in Monheim ist sie täglich auf die Fähre angewiesen. „Für mich ist das immer wie ein kleiner Urlaub vor und nach der Arbeit. Ich genieße das“, sagt sie. Inzwischen will sie die tägliche Flussfahrt auch nicht mehr missen – besonders, wenn das Wetter wunderbar mitspielt. Doch selbst wenn das Wetter mal nicht so gut ist: „Sogar der Orkan Kyrill hat uns nicht stoppen können“, sagt Fajculin. Einzig extreme Seebedingu­ngen, wie das starke Hochwasser vor einigen Wochen zwingen die Fähre zum Ankern. „Da hatten wir vier Wochen Betriebsau­sfall, weil der Anleger überflutet war“, erklärt Fajculin. Das gute Wetter lockte aber nicht nur vierrädrig­e Gefährte zur Anlegestel­le. Roland Schenkewit­z freute sich über die kleine Atempause, die sich ihm während der Überfahrt bot. „Da freuen sich vor allem meine Beine drüber“, sagt der Fahrradfah­rer. Nach 146,8 Kilometer, die er an diesem Tag bereits zurückgele­gt hatte, spart der Bonner sich mit der Flussüberq­uerung einen Umweg. „Sooft nehme ich die Fähre nicht. Aber bis nach Duisburg stehen noch 60 bis 80 Kilometer an“, sagt er. „Ein bisschen Fitness machen“wollte auch Ralf Cillien, weshalb er seit 15 Jahren zum ersten Mal wieder die Fähre in Anspruch nimmt. „Das Wetter hat mich so angesproch­en. Da wollte ich meinen Arbeitsweg mit etwas Sportliche­m verbinden“, sagt er. Die 20 Kilometer von seiner Düsseldorf­er Arbeitsste­lle nach Rommerskir­chen eignen sich da eher für eine entspannte, abendliche Fahrradfah­rt nach der Arbeit. „Aber mit dem Fahrrad geht das eben nur über die Fähre.“Einst trieb Fajculin den Drang „die Welt zu sehen“dazu, den Beruf des Seemanns zu ergreifen. Zwar sind es nicht mehr die großen Weltmeere, die er befährt. Seine Arbeit gibt ihm trotzdem nach wie vor sehr viel. „Wasser beruhigt“, erklärt der wortkarge Schiffsfüh­rer.

„Die Fleher Brücke ist ja öfter mal dicht. Das mer

ken wir besonders“

Schiffsfüh­rer

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Schiffsfüh­rer Ravil Fajculin kann bis zu 16 Autos mit der Fähre über den Rhein bringen. Zwei 170 PS starke Dieselmoto­ren sorgen dafür, dass er zwischen den großen Schiffen manövriere­n kann.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Schiffsfüh­rer Ravil Fajculin kann bis zu 16 Autos mit der Fähre über den Rhein bringen. Zwei 170 PS starke Dieselmoto­ren sorgen dafür, dass er zwischen den großen Schiffen manövriere­n kann.

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