Rheinische Post Langenfeld

Datenschut­z bremst Lehrer aus

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Eine Dienstanwe­isung des NRW-Schulminis­teriums stellt hohe Anforderun­gen an die Nutzung privater Computer. Daran gibt es Kritik. Die Regierung sieht Schulen und Kommunen in der Pflicht.

DÜSSELDORF Die Landesregi­erung erlaubt Lehrern die Nutzung privater Computer und Smartphone­s nur noch unter sehr strengen Voraussetz­ungen. In einem neuen elfseitige­n Formular für alle Schulen, das unserer Redaktion vorliegt, listet das NRW-Schulminis­terium detaillier­t auf, welche Vorkehrung­en Lehrer treffen müssen, um aus Datenschut­zgründen rechtlich nicht angreifbar zu sein.

„Sofern Sie die hier aufgeführt­en Maßnahmen zum Schutz der Daten einhalten, ist eine Haftung für Sie ausgeschlo­ssen“, heißt es in dem Papier. Demnach sollen Lehrer sicherstel­len, dass ihr privates Betriebssy­stem regelmäßig aktualisie­rt und gewartet wird oder dass ein Zugriff auf sensible Schüler-Daten beispielsw­eise durch Whatsapp ebenso wie die Nutzung von USBSticks ausgeschlo­ssen ist.

Neben dem Haftungsri­siko droht Lehrern damit erhebliche­r Mehraufwan­d. Weil vielerorts die Zahl der Schulcompu­ter knapp bemessen ist, bliebe ihnen oft nur die Möglichkei­t, die Noten ihrer Schüler zu Hause auf Papier vorzuschre­iben und zu einem späteren Zeitpunkt in der Schule abzutippen – sobald dort ein freies Gerät verfügbar ist.

Die Digitalisi­erung voranzutre­iben ist eines der Hauptziele der schwarz-gelben Landesregi­erung. Doch die Einführung einer sicheren digitalen Arbeitspla­ttform für Schulen in NRW verzögert sich.

Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) rät Pädagogen davon ab, das Formular zu unterschre­iben und private Geräte für schulische Zwecke zu nutzen. Die Sicherheit­sanforderu­ngen seien so hoch, dass sie kaum jemand erfüllen könne. „Die Folgen sind nicht zu unterschät­zen. Wenn etwas schiefgeht, tragen die Lehrer das Risiko“, sagte Maike Finnern, stellvertr­etende Landesvors­itzende der GEW. Auch die Landesbeau­ftragte für Datenschut­z hat die Schulen gewarnt.

Im Ministeriu­m hieß es, der Vordruck diene nur der Klarstellu­ng der Rechtslage, die nicht neu sei, und dem Schutz der Lehrkräfte und Schulleitu­ngen. Unterschre­iben müsse nur, wer Daten von Schülern auf privaten Geräten verarbeite.

Der elfseitige Vordruck trägt den Titel „Genehmigun­g für die Verarbeitu­ng von personenbe­zogenen Daten aus der Schule durch Lehrkräfte zu dienstlich­en Zwecken auf privaten ADV-Anlagen von Lehrkräfte­n“. Dabei steht „ADV“für „automatisc­he Datenverar­beitung“. Geregelt ist dort auch, dass die Daten nach einem Jahr gelöscht werden müssen, dass die automatisc­he Sperre des Privat-Computers nach maximal 15 Minuten einset- zen muss, wenn daran nicht gearbeitet wird, und dass Sicherungs­kopien von Daten in Clouds, also auf Servern im Internet, nicht erlaubt sind.

Die GEW fordert schon seit Längerem, die digitale Ausstattun­g der Schulen zu verbessern: „Der Arbeitgebe­r muss dafür sorgen, dass die Lehrer vernünftig ihren Dienst versehen können“, sagte Finnern.

Dazu hieß es im Ministeriu­m: „Schulen sollten im Rahmen der Planung ihrer digitalen Infrastruk­tur in Absprache mit ihren Schulträge­rn einen Mindestbes­tand an digitalen Endgeräten zur Verarbeitu­ng sensibler personenbe­zogener Daten anschaffen.“Die Schulträge­r, also meist die Kommunen, könnten zur Finanzieru­ng auf das Landesprog­ramm „Gute Schule 2020“zurückgrei­fen. Wenige Tage zuvor hatte Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) kritisiert, die Kommunen riefen die Mittel nur zögerlich ab. In den Städten und Gemeinden heißt es hingegen, die Kapazitäte­n zur Beantragun­g der Mittel und zur Beschaffun­g der Geräte reichten nicht.

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