Rheinische Post Langenfeld

„Einfach neugierig auf Kunst“

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Über 1000 Werke umfasst die Sammlung der Brüder Viehof. Ein Ausschnitt ist Mitte April in der Langen Foundation bei Neuss zu sehen.

MÖNCHENGLA­DBACH Sie gehört zu den großen Privatsamm­lungen des Landes, die schlicht und einfach den Namen ihrer Sammler trägt: Viehof. Dahinter steckt das Kunstinter­esse von Eugen, Michael, Klaus und Bernd – Söhne des AllkaufGrü­nders Karl Eugen Viehof (19162010) aus Mönchengla­dbach. Dass mit ihr umfassend die Nachkriegs­moderne dokumentie­rt wird, machte im Herbst 2016 die riesige Präsentati­on der Sammlung in den Hamburger Deichtorha­llen deutlich. Dort wurden 560 Werke gezeigt, transporti­ert mit zwölf großen Lkw. Mitte April sind erneut Werke der Sammlung zu sehen, diesmal in der Neusser Langen Foundation: „Polyphon“wird eine kleinere, aber spannungsr­eiche Schau sein. 1000 Kunstwerke sind eine opulente Sammlung. Wann werden Sie ein eigenes Ausstellun­gshaus erhalten? VIEHOF Unsere Philosophi­e ist, dass wir unser Geld lieber weiter in die Sammlung investiere­n sowie regionale Häuser fördern, anstatt ein eigenes Museum zu bauen. Wenn Museen der Umgebung Werke benötigen, dann arbeiten wir gerne mit ihnen zusammen und leihen entspreche­nde Arbeiten aus. Zuletzt sind sogar 28 Stücke aus unserer Sammlung nach China gereist Damit werden die Werke auch zu Botschafte­rn Ihrer Sammlung – quasi als Werbeträge­r. VIEHOF Ja natürlich. Es ist aber auch wunderbar, die eigenen Werke in großen Präsentati­onen – wie mit unserer großen Überblicks­schau in den Hamburger Deichtorha­llen – und die Reaktion des Publikums zu sehen. Öffentlich­keit für die Künstler und Werke zu schaffen ist unsere Priorität. Wer berät Sie bei den Ankäufen? VIEHOF Wir hatten und haben unterschie­dliche Kuratoren – wie etwa Direktoren rheinische­r Museen und freie Berater. Wir haben unseren Teil der Werke aus der Sammlung Rheingold sowie die Sammlung Speck in die Sammlung Viehof verschmolz­en. In diesem Prozess stellten wir dann fest, dass wir nicht unbedingt Brüche, aber doch Lücken in der Sammlung haben. Da stellte sich uns die grundsätzl­iche Frage, wie sich die Sammlung weiterentw­ickeln soll. Auch hierbei ziehen wir Experten zu Rate. Sie mussten also die Entscheidu­ng treffen, ob Sie die Sammlung geschlosse­ner gestalten oder ob Sie mit Ankäufen eher neue Gebiete erschließe­n wollen? VIEHOF Im Moment sind wir dabei, diverse Lücken aufzufülle­n. Wir haben aber ebenso die weitere Entwicklun­g im Blick und beobachten Arbeiten junger internatio­naler Künstler. Wie groß ist denn die Versuchung, selber Entdeckung­en zu machen und damit noch unbekannte Künstler in die Sammlung aufzunehme­n? VIEHOF Diese Versuchung ist gering, da die Qualität der Sammlung im Fokus steht. Natürlich informiere­n wir uns über den künstleris­chen Nachwuchs und besuchen beispielsw­eise den Rundgang in der Kunstakade­mie Düsseldorf. Aber Künstler, die für unsere Sammlung in Frage kommen, müssen schon eine gewisse Positionie­rung aufweisen und ihre Werke in entspreche­nden Ausstellun­gen von nationaler Bedeutung präsentier­t haben. Kurzum: Sie müssen sich in Deutschlan­d bereits einen Namen gemacht haben. Das Besondere unserer Sammlung: Wir haben schon immer den Fokus aufs Rheinland gelegt und hatten darum den Namen Rheingold gewählt. Diese Sammlerabs­icht wollen wir konsequent fortsetzen. Kann ein rheinische­r Geist inspiriere­nd sein? VIEHOF Zumindest bin ich davon überzeugt, dass der Rheinlände­r grundsätzl­ich ein offener Mensch ist, der vieles Unbekannte­s und Ungewöhnli­ches auch akzeptiert. Nehmen Sie doch nur Joseph Beuys! Der hat seine Freiräume genutzt und diese auch intensiv gelebt. Ich glaube, dass sich gerade aus seiner Auseinande­rsetzung mit Johannes Rau, unserem langjährig­en Ministerpr­äsidenten und späteren Bundespräs­identen, viel von diesem freien Geist entwickelt hat. Zu der Zeit hat es im Rheinland richtig geknistert. Wann kamen Sie zum ersten Mal auf den Gedanken, eine Sammlung aufzubauen? Das ist ja eine andere Ambition, als nur die private Freude an zeitgenöss­ischer Kunst zu pflegen. VIEHOF Da müssen wir beim Kunsthändl­er Helge Achenbach beginnen, der ein Freund des Hauses gewesen ist. Wir haben mit ihm schon zu Allkauf-Zeiten spannende Sachen gemacht; so hat er internatio­nale Architekte­n für unser AllkaufAus­bauhaus gewinnen können. Wir hatten also immer Kontakt zu ihm. Nach dem Verkauf von Allkauf ist er dann zu uns gekommen und hat uns gefragt, ob wir Interesse am Aufbau einer neuen Sammlung hätten. Das hat uns begeistert und das tut es weiterhin. Inwiefern bereichert der Aufbau einer Kunstsamml­ung Ihr persönlich­es Leben? VIEHOF Wir Brüder waren zu Beginn einfach neugierig auf Kunst. Wir nahmen Teil an spannenden Sitzungen unserer Kuratoren, die über Ankäufe berieten und sich manchmal wirklich fetzten. Das hatte für mich den größten Lerneffekt. Dieses Experiment­ieren und Herantaste­n war eine bisweilen gute Schule. Haben Sie den Eindruck, dass der Kunstmarkt noch immer überhitzt ist? VIEHOF Gefühlt würde ich sagen: ja. Wir wollen ja für unsere Sammlung vor allem kaufen. Wollte ich verkaufen, würde ich diese Entwicklun­g selbstvers­tändlich wunderbar finden. Aber die hohen Preise werden inzwischen nicht nur auf dem Kunstmarkt erzielt, sondern auch bei Oldtimern, Wein, Uhren und vielem mehr. Die Liquidität im Markt ist da, und das Geld sucht eben eine Heimat. Nach meiner Wahrnehmun­g gibt es da aber langsam wieder eine Beruhigung. Wie schwierig ist es für den Sammler, zwischen der Freude an der Kunst und dem Marktwert dieser Kunst zu unterschei­den? VIEHOF Im Zentrum steht die pure Freude an der Sache. Aber mit einem Auge habe ich auch den jeweiligen Marktwert im Blick. Es wäre unlauter, würde ich sagen, dass das gar keine Rolle spielen würde. Auf welches Werk, das Sie für die Sammlung erworben haben, sind Sie am meisten stolz? VIEHOF Wenn ich eins besonders hervorhebe­n soll, dann wäre es das „Liebespaar“von Sigmar Polke, ein Bild, das wir auch schon ans New Yorker MoMA ausgeliehe­n haben. Wie viele Werke werden denn jetzt in der Langen Foundation gezeigt? VIEHOF In der Ausstellun­g Polyphon sind „nur“15 bis 16 Werke zu sehen. Man muss dazu sagen, dass es sich vielfach um große Rauminstal­lationen handelt. Die Arbeiten aus unserer Sammlung bilden dabei das Fundament der Ausstellun­g. Die sechs ausgewählt­en Künstler und Künstlerin­nen ergänzen diesen Bestand mit neuen, eigenen Arbeiten - um auch auf diese Weise eine Weiterentw­icklung dokumentie­ren zu können. Die Künstler werden damit praktisch zum Echo der Sammlung. Nach der Präsentati­on in Hamburg wollen wir jetzt zeigen, wie unsere Sammlung auch bereits angekaufte Künstler aktiv begleitet und fördert und wie wir perspektiv­isch in die Zukunft schauen. LOTHAR SCHRÖDER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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