KULTURTIPPS
Juan Diego Flores singt in der Tonhalle Miles Davis und John Coltrane in Europa Oscar-Gewinner jetzt auf DVD
Klassik Im weiten Beritt der Gesangskultur gilt er unangefochten als der edelste Musketier des Belcanto. Schöngesang als Lebensaufgabe: Mit kraftvollem Timbre, mit famoser Eleganz und unverwechselbarem Schmelz stattet er Arien stets mit allen tenoralen Vorzügen aus. Jetzt kommt Juan Diego Flores, der seit seinem überragenden Debüt als 23-Jähriger in der Mailänder Scala 1996 eine Bilderbuchkarriere hingelegt hat, in die Düsseldorfer Tonhalle. Auf dem Programm des vielbeschäftigten Sängers, der längst auf allen großen Konzertund Opernbühnen der Welt auftritt, stehen Arien von Christoph Willibald Gluck, Wolfgang Amadeus Mozart, Gaetano Donizetti, Jules Massenet und Giuseppe Verdi. Bei dem Auftritt am Samstag, 7. April, 20 Uhr, begleitet den Künstler die NDR-Radiophilharmonie Hannover unter Leitung von Riccardo Minasi (www.heinersdorff-konzerte.de).
Wolfram Goertz Jazz Im Frühling des Jahres 1960 ging Miles Davis auf Europa-Tournee. Dass diese Konzertreihe sein Durchbruch auf dem Kontinent sein würde, war zunächst nicht abzusehen: John Coltrane wollte nämlich auch mit, und der Kamerad war nicht gut drauf. Er litt seit seiner Jugend an Zahnproblemen, und nun hatte er acht arg angegriffene Zähne durch eine Brücke teils ersetzen und teils verstärken lassen. „Mach das nicht!“, hatte der 33-jährige Miles Davis geraten, weil er fürchtete, der Eingriff verändere den Sound des gleichaltrigen Saxophonisten. Und so saß Coltrane missgestimmt hinter der Bühne, abgesondert von den anderen. Außerdem hatte er nur einen Anzug dabei und bloß zwei Hemden. Davis war viel schicker in seinen maßgeschneiderten Smokings, und auch das hob nicht gerade Coltranes Laune.
Fünf der Konzerte, die Davis und Coltrane auf jener legendären Tour gaben, sind nun erstmals offiziell erschienen, und zwar auf vier CDs im Rahmen der großartigen „BootlegSeries“von Columbia. Von den Spannungen der beiden Helden hört man indes gar nichts, jedes Dokument ist anders aufregend. 1960 war ja ein Transitjahr für Davis und Coltrane. Ihre Wege sollten sich nach der Rückkehr in die USA tren- Film Marina und Orlando sind ein glückliches Paar. Sie arbeitet als Kellnerin, tritt als Sängerin auf und hat den älteren Orlando, der ein Textilunternehmen leitet, verzaubert. Für Marina hat er seine Familie verlassen, dass seine Lebensgefährtin eine Transgender-Frau ist, macht die Sache nicht leichter. Doch dann geschieht die Katastrophe: Orlando stirbt – und Orlandos Familie wittert die Chance, den letzten Lebensabschnitt des Familienoberhaupts vergessen zu machen. So beginnt für Marina nicht nur eine Zeit, in der sie mit ihrer Trauer fertig werden muss. Sie muss für ihr Recht kämpfen, überhaupt um ihren Geliebten trauern zu dürfen. Der Chilene Sebastián Lelio hat seinen Spielfilm während eines Stipendiumaufenthalts in Berlin entwickelt – und gerade den Auslandsoscar für sein feinfühliges Drama gewonnen. Daniela Vega ist eine großartige Hauptdarstellerin, die dem Film seine stille, rebellische Kraft gibt.
Dorothee Krings nen, sie würden unabhängig voneinander das Neue suchen und finden, und man meint das hier bereits zu spüren. Sie mischen Standards der 1940er und 50er Jahre mit offeneren Komposition. „On Green Dolphin Street“steht neben „So What“. Und der größte Moment ist jener in Paris, als Coltrane in „So What“sein Solo beginnt. Davis soll, so steht es im ausführlichen Booklet, bei der Gelegenheit wie stets die Bühne verlassen haben. Und so zersägt Coltrane die Komposition alleine. Er spielt mehrere Noten zugleich, rau und frei, und er ist eine Wucht. Er lässt sich forttragen, und man hört schon Spuren des Stücks „Impressions“, an dem er damals arbeitete und das er erst 1962 veröffentlichte. „Darf man so spielen?“, werden Jazz-Magazine später fragen. Das Publikum raunt; man kann unmittelbar nachvollziehen, wie die Leute da gerade Unerhörtes erleben.
Auf dieser Tournee begann die Zukunft, und sie klingt verflixt gut.
Philipp Holstein