Musiker vergraben Cover-Schätze auf Youtube
Rauchige Saxophontöne schmiegen sich an ein E-Piano, der trockene Klang von Jazzbesen auf dem Schlagzeugbecken gibt den Takt. Es dauert ein paar Sekunden, bis sich der Aha-Effekt einstellt. Was der Amerikaner Scott Bradlee da aus dem orchestralen Intro-Lied von „Game Of Thrones“macht, ist technisch brillant, doch es entfaltet erst seine volle Wirkung, wenn man er-
kennt, was hier eigentlich gespielt wird. Auf seinem Youtube-Kanal „Postmodern Jukebox“veröffentlicht der 35-Jährige Videos von Songs, die er in einer meist historischen Spielart covert. Heraus kommen Stücke, die das ursprüngliche nicht nur in einen Überzug stopfen, sondern neu sind. Sein „Game of Thrones“-Video haben mehr als 4,6 Millionen Menschen gesehen.
Bradlee ist nur einer von vielen Musikern, die mit Cover-Videos einen viralen Trend bilden. Zu den er-
folgreichsten gehört das Multitalent Leo Moracchioli. Der Youtuber, der auf seinem Kanal „Frog Leap Studios“Popsongs in eine Metal-Version umschmiedet, hat auf Youtube 2,4 Millionen Abonnenten. Sämtliche Instrumente spielt er selbst. So sieht man den langhaarigen jungen Mann zu Lady Gagas „Pokerface“enthusiastisch mit Gitarre herumspringen, während seine Stimme in einer klaren und einer tiefen, gepressten Version – per Studiotechnik übereinandergelegt – zu hören
ist. Ganz ausgezeichnet funktioniert das bei Miley Cyrus’ „Wrecking Ball“, dem der Norweger mit dem italienischen Namen eine Portion Melancholie extra einflößt. Beeindruckende 18 Alben gibt es bereits zu kaufen, auch der Gitarrenhersteller Chapman ist auf Moracchioli aufmerksam geworden – und hat ihn sich als Werbefigur gesichert.
Den umgekehrten Weg geht Rob Scallon (1,3 Millionen Abonnenten). Der Gitarrist nimmt sich brachiale Lieder von Metallica, Iron
Maiden und Slipknot vor und spielt sie auf dem Banjo, begleitet von Kontrabass und klappernden Löffeln. Scallon hat eine ansteckende Spielfreude und großes Talent am Instrument. Genauso Peter Bence, der Film- und Popmusik von Michael Jackson bis Justin Timberlake auf das Klavier überträgt, mehr als 400.000 Abonnenten bei Laune hält und derzeit auf Welttournee ist – eine Karriere, die dem „schnellsten Pianisten der Welt“(GuinnessBuch) ohne das Internet wohl ver-
wehrt geblieben wäre.
Dokumentarfilm über Grace Jones
(hols) Die Dokumentation „Bloodlight And Bami“über Grace Jones ist soeben auf DVD erschienen, und alle sind aus dem Häuschen. Warum eigentlich? Die Euphorie gilt wohl eher Grace Jones an sich, denn die 69-Jährige ist überhaupt die Allertollste. Man bekommt davon in dem Film allerdings nicht viel mit. Regisseurin Sophie Fiennes begleitete den Popstar angeblich über zehn Jahre. Was man zu sehen bekommt, sind Bilder vom Heimatbesuch der Diva auf Jamaika, Autofahrten und lange Telefonate. Gerne hätte man ein bisschen davon gehört, wie es zuging damals in Paris, als Grace Jones mit Jerry Hall auf den Tischen tanzte. Oder mit Keith Haring und Andy Warhol im „Studio 54“. All das fehlt, stattdessen bekommt man ein paar Aufnahmen von der letzten Tour. Der Gedanke, diese Ikone zu vermenschlichen, mag für sich genommen originell sein. Er endet indes in langer Weile, und nichts entspricht dieser Künstlerin weniger.