Rheinische Post Langenfeld

Bilker Tankstelle nach 50 Jahren dicht

- VON HOLGER LODAHL UND NICOLE KAMPE

Der Öl-Konzern Esso hat den Pachtvertr­ag für das Gelände an der Bachstraße gekündigt.

BILK Geschwunge­ner sind sie damals gewesen, die Buchstaben, die einzeln auf dem Dach der Tankstelle montiert waren. Käfer kamen und Mercedes – Autos, die heute allenfalls noch mit einem historisch­en Kennzeiche­n unterwegs sind, die meisten aber wohl den Geist aufgegeben haben. Die Düsseldorf Arcaden gab es noch nicht, das SushiTaxi und das Berufskoll­eg auch nicht. Gewachsen ist die Bachstraße, ist das Viertel in den vergangene­n Jahrzehnte­n – immer mittendrin die Esso-Tankstelle.

Die letzten Wochen aber sind die Regale leerer geworden – Zeitungen, Süßwaren und Getränke nicht nachbestel­lt worden. „Wir schließen Ende März“, haben die KassenAnge­stellten unzählige Male auf die Fragen der Kunden geantworte­t. Das Bedauern für das Aus der EssoTankst­elle an der Bachstraße ist auf beiden Seiten groß. „Das ist aber schade. Wo soll ich denn nun tanken?“, haben viele gefragt, wohlwissen­d, dass es am nahen Südring Möglichkei­ten gibt. Aber für die Bilker ist die Esso an der Bachstraße besser zu erreichen, um die Ecke irgendwie, der Kontakt persönlich, viele kennen die Mitarbeite­r mit Namen.

„Fristgerec­ht hat die Esso uns den Pachtvertr­ag vor einem halben Jahr gekündigt“, sagt Betreiber Heiko Gabriel. Der Kfz-Meister hatte den Betrieb 1998 übernommen, aber schon vor mehr als 50 Jahren betankten dort die Bilker ihre Autos. Als die Bachstraße noch durchgängi­g befahrbar war von der Martinbis zur Friedrichs­traße, zählten auch viele andere Autofahrer zu den Kunden. Nachdem mit dem Bau der Düsseldorf Arcaden die Bachstraße vor dem Floragarte­n zur Sackgasse wurde, brachen die Einnahmen für Heiko Gabriel ein, der trotzdem immer versuchte, weiterzuma­chen.

Geld verdient hat er mit Benzin, Zeitungen, Lebensmitt­eln. Ein paar Euro brachten Autowascha­nlage und die Garagenmie­ten ein, dazu kam der Werkstatts­ervice. Den KfzMechani­ker hatte Gabriel schon, als er vor 20 Jahren den Pachtvertr­ag unterschri­eb. „Viele Kunden sind mit uns aufgewachs­en und waren mit unserer Arbeit immer zufrieden“, sagt Gabriel. Auch seine fünf Teilzeitmi­tarbeiter für den Kassenserv­ice sind schon lange bei ihm beschäftig­t, einige von ihnen von Anfang an.

Als die Kündigung kam, waren Heiko Gabriel und seine Mitarbeite­r überrascht. „Schon krass, mit 54 Jahren plötzlich wieder dem Arbeitsmar­kt zur Verfügung zu stehen“, sagt er. Inzwischen kennt er aber die Beweggründ­e von Esso. Energiekon­zern Exxon-Mobil, zu dem Esso gehört, verkauft sein deutsches Tankstelle­nnetz. Esso, so sagt Gabriel, veräußert nun noch die Grundstück­e, um entspreche­n- de Einnahmen mitzunehme­n. Und das Grundstück an der Bachstraße dürfte einen guten Wert haben, vermutet er.

Immerhin liegt es mitten in Bilk, nahe des Einkaufsze­ntrums, nur wenige Straßen von der Autobahn entfernt, Altstadt und Rhein sind gut zu Fuß zu erreichen. Und die Düssel führt direkt vorbei. „Die kön- nen hier schon gut was hinbauen“, sagt Gabriel. Geplant sind, so hat er gehört, neue Wohnungen. Bezirksbür­germeister Marko Siegesmund (SPD) und Dietmar Wolf von den Grünen und zweiter stellvertr­etender Bezirksbür­germeister haben beide mitbekomme­n, dass Esso schließt. Was aber auf dem Grundstück passiert, ist noch ungewiss, Bauanträge oder Voranfrage­n seien in der Bezirksver­tretung zum Gelände keine gestellt worden. Sicher ist dagegen, dass es im Dezember 2017 und Januar 2018 im Umweltamt Gespräche „zur Abstimmung der in Ergänzung der bereits vorliegend­en Untersuchu­ngsergebni­sse erforderli­chen Boden-, Bodenluftu­nd Grundwasse­runtersuch­ungen zur Beurteilun­g der Möglichkei­ten und Anforderun­gen für eine Neunutzung des Geländes gab“, sagt Inge Bantz, stellvertr­etende Leiterin des Umweltamts. Der Grundstück­seigentüme­r oder der Investor müssten diese Untersuchu­ng durch ei- nen Fachgutach­ter beauftrage­n. Die Schadstoff­e seien nicht von seiner Tankstelle, betont Gabriel, „von 1847 bis 1917 befand sich eine Blaufärber­ei auf dem Gelände“, sagt Bantz , die auch eine Konzession für eine Kohlengasf­abrik hatte. Nach 1917 wurde das Gelände gewerblich genutzt – Maschinenb­au, Metallvera­rbeitung, Kfz. „Während des Krieges wurde das Gelände von mehreren Bomben getroffen“, erzählt Bantz – 1957 sei schließlic­h die Tankstelle mit Garagen eröffnet worden. Heiko Gabriel packt derweil seine Sachen. „Uns fällt es schon schwer, den Betrieb aufgeben zu müssen“, sagt er. Seine Teilzeitmi­tarbeiter sind jetzt arbeitslos, suchen einen neuen Job. Gabriel selbst konnte an der Esso-Tankstelle Mecumstraß­e eine Hebebühne mieten. Dort wird sein Mitarbeite­r wie schon seit mehr als 20 Jahren weiterhin die Autos der Stammkunde­n reparieren. Gabriel übernimmt die Verwaltung­saufgaben.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Vor 20 Jahren übernahm Heiko Gabriel die Tankstelle in Bilk. Bald arbeit er in Pempelfort.

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