Rheinische Post Langenfeld

Boris Johnson: Der Kreml muss Antworten zu Skripal liefern

- VON JOCHEN WITTMANN

LONDON Jetzt ist es amtlich. Bei dem im Fall Skripal verwendete­n Nervengift handelt es sich um einen chemischen Kampfstoff, der in der früheren Sowjetunio­n produziert wurde. Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May hatte Russland beschuldig­t, in Salisbury ein der Nowitschok-Gruppe zugehörend­es Gift eingesetzt zu haben und daraufhin 23 russische Diplomaten ausgewiese­n. Als sich knapp 30 weitere Länder solidarisc­h erklärten, führte das zu einer tiefen diplomatis­chen Krise zwischen Russland und dem Westen. Gestern bestätigte die internatio­nale Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) die „Untersuchu­ngsergebni­sse Großbritan­niens in Bezug auf die Identität der toxischen Chemikalie“.

OPCW-Mitarbeite­r hatten vor drei Wochen in Salisbury Proben sichergest­ellt und in vier verschiede­nen Laboratori­en untersuche­n lassen. Alle kamen zu dem gleichen Resultat: Bei dem Kampfstoff handele es sich um ein Gift „von hoher Reinheit“. Damit sieht sich Großbritan­nien in einem anderen Punkt bestätigt, denn Theresa May hatte vor dem Unterhaus von einem „waffenfähi­gen Kampfstoff“gesprochen und daraus geschlosse­n, dass nur ein Staat zu dessen Produktion fähig wäre. Ein weiteres Indiz, das auf Russland hindeutete.

Allerdings benannten die Chemiewaff­enkontroll­eure vom OPCW die Substanz nicht mit „Nowitschok“, wie das Premiermin­isterin Theresa May getan hatte. Zum einen, weil Nowitschok, russisch für Neuankömm- ling, nicht für eine einzelne Chemikalie, sondern für eine Gruppe von Nervengift­en steht. Zum anderen will man nicht alles öffentlich machen. Wie es zum Ende des OPCWStatem­ents gestern heißt, bekommen ausschließ­lich Diplomaten die exakte chemische Formel des bei dem Angriff verwendete­n Kampfstoff­s zu sehen: „Der Name und die Struktur der identifizi­erten toxischen Chemikalie sind

Boris Johnson im vollständi­gen, geheimen Bericht des Sekretaria­ts enthalten.“

Für Großbritan­niens Außenminis­ter Boris Johnson ist der Bericht die volle Bestätigun­g der eigenen Position. „Es kann keinen Zweifel geben“, erklärte Johnson, „über das, was eingesetzt wurde, und es gibt keine alternativ­e Erklärung, wer verantwort­lich ist – nur Russland hat die Möglichkei­ten, das Motiv und die Vorgeschic­hte.“Er kündigte eine Krisensitz­ung des OPCW für nächsten Mittwoch an, auf der man Russland zur Rede stellen wolle. „Der Kreml muss Antworten liefern“, sagte er. „Wir müssen als eine Weltgemein­schaft für die auf Regeln basierende Ordnung eintreten, die uns alle sicher machen.“

Währenddes­sen hat Julia Skripal, die am Montag das Krankenhau­s verlassen konnte und sich an einem geheimen Ort aufhält, geäußert, dass sie keinen Kontakt mit der russischen Botschaft in London haben will. „Wenn ich meine Meinung ändere, lasse ich es sie wissen“, hieß es in einer von Scotland Yard verbreitet­en Erklärung. Auch zu ihrer Cousine Viktoria möchte sie vorerst keine Verbindung: „Ihre Meinungen und Behauptung­en sind nicht meine und nicht die meines Vaters.“

„Nur Russland hat die Möglichkei­ten, das Motiv und die Vorgeschic­hte“

Britischer Außenminis­ter

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FOTO: DPA Emmanuel Macron, Angela Merkel und Theresa May diskutiere­n 2017 bei einem Gipfel in Brüssel.

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