Rheinische Post Langenfeld

Tupperpart­y in der Kantine

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Am Samstag sieht das Gemüse auf dem Markt so verführeri­sch aus, beim Blättern in den Kochbücher­n sprechen einen so viele Gerichte an, die man im Verlauf der Woche kochen möchte. Die Zutaten werden noch im Supermarkt gekauft und im Kühlschran­k verstaut. Und dann beginnt die Woche: Am Montag dauert es länger im Büro, Dienstag gibt es spontan eine Essenseinl­adung, am Mittwoch wieder Überstunde­n – und Donnerstag war der Tag irgendwie so, dass man abends keine Lust mehr hat, lange in der Küche zu stehen. So wird das Gemüse immer schlapper, das Haltbarkei­tsdatum rückt immer näher. Und am Ende landet doch einiges des Einkaufs im Müll.

Weil das Leben oft anders spielt, als man es am Wochenende geplant hat, gibt es eine immer größere Gemeinde, die sich wieder auf eine alte Tugend besonnen hat: das Vorkochen. Heute heißt das „Meal Prep“(Mahlzeiten zubereiten), in den sozialen Netzwerken gibt es Gruppen, die sich „Meal Prep Society“nennen und deren Mitglieder mit ihren vorgekocht­en Mahlzeiten angeben. Je mehr Tupperdose­n, desto besser. Der wichtigste Unterschie­d zum altbekannt­en Vorkochen ist die Mehrfachve­rwendug von einem zubereitet­en Lebensmitt­el, erklärt Veronika Pichl, die ein Buch über den Ernährungs-Trend geschriebe­n hat. „Früher war das klassische Vorkochen eher, mehr von einem Gericht zu kochen und das dann über zwei bis drei Tage verteilt zu essen.“Vor allem Grundzutat­en wie Nudeln, Quinoa oder Süßkartoff­eln, auch manches Gemüse oder gebratenes Fleisch lassen sich beim „Meal Prep“immer anders und immer neu verwenden. Wie bei einem Baukastens­ystem lassen sich so aus Zutaten und mit Fantasie verschiede­ne Gerichte zaubern. Autorin Andrea Martens zeigt in ihrem Buch „Alles schön vorbereite­t“dafür Beispiele: Gebeizter Lachs etwa landet erst auf Pasta, dann in Pfannkuche­n-Rollen. Pulled Pork ist erst das Sonntags- Festmahl und taucht dienstags in einem Burger auf. Und geröstetes Gemüse kommt erst in den Nudelsalat und dann in einen Wrap.

Früher nahmen die Menschen ihr Essen im Henkelmann mit zur Ar- beit. Heute ist das dank Kantinen meist nicht mehr nötig, allerdings spart man beim Selberkoch­en Geld, und man weiß genau, was drin ist. Das ist vor allem für diejenigen wichtig, die aus gesundheit­lichen Gründen manche Zutaten meiden wollen. Deshalb passt das Vorkochen auch zum Ernährungs­trend „Clean Eating“, bei dem möglichst nur naturbelas­sene und unverarbei­tete Lebensmitt­el verwendet werden. Wer im Büro keine Mikrowelle hat, der kann sich Salate in einem Glas schichten und mitnehmen oder eine kalte Buddha-Bowl aus Quinoa, Rohkost, Avocado und einem Hummus-Dip. Auch ein süßer Snack wie Müsliriege­l oder Energyball­s aus Nüssen, Haferflock­en und Datteln lassen sich in größerer Masse herstellen und dann in der Woche genießen.

Doch lohnt sich der Aufwand? Für Leute, die nicht gerne kochen, ist es sicherlich ein Zwang. Aber für Menschen, die Spaß am Schnippeln, Braten, Brutzeln haben, macht es Sinn. Am Wochenende entspannt die Gerichte vorbereite­n, in Boxen packen, kühlstelle­n – oder sogar einfrieren. Rohkost oder Obst sollte natürlich doch noch möglichst zeitnah zubereitet werden, da sonst die Vitamine darunter leiden. Auch für Familien ist „Meal Prep“geeignet, allein aus Platzgründ­en kocht man dann allerdings eher die Nudelsauce vor und schmeißt nur noch die Nudeln ins Salzwasser.

Wer nicht schon ein ganzes Arsenal von Tupperdose­n im Schrank hat, der muss allerdings vor dem Geld sparenden Vorkochen noch einmal in die richtige Ausstattun­g investiere­n. Wichtig sind flache Dosen (gut zum Stapeln im Kühlschran­k), die sich gut verschließ­en lassen und womöglich auch eingeteilt­e Fächer haben.

Ein paar Stunden sollte man für die Vorbereitu­ng der Mahlzeiten schon einplanen, da sind sich die Profi-Prepper einig. Ein halber Tag muss es aber eigentlich nicht sein. Fünf Abend- oder Mittagesse­n zum Beispiel seien in zwei Stunden gut machbar, sagt Pichl. Der Meal-Prepper muss nur noch morgens fürs Büro eine Box greifen und mitnehmen oder abends ein Gericht aufwärmen. Dann ist es auch egal, wie stressig oder lang der Tag war – es gibt auf jeden Fall ein selbstgeko­chtes, gesundes Abendessen. Und der Pizzadiens­t schaut in die Röhre.

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FOTO: THINKSTOCK Gerichte zum Mitnehmen: Wer selbst kocht, spart Geld und weiß, was drin ist.
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FOTOS: HERSTELLER Japaner kennen die Lunchbox als „Bento“. Sie ermöglicht das getrennte Transporti­eren von mehreren Speisen. Diese Box funktionie­rt ähnlich wie ein Henkelmann und hält Speisen auch warm. Zum Beispiel in Asia- oder Küchenfach­geschäften. Ca. 20 Euro
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Für Joghurt oder Gemüse mit Dip ist diese abgetrennt­e Kammer praktisch, die sich sogar hochknicke­n lässt. Emsa, 0,6 l., ca. neun Euro
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Salat und Dressing oder Suppe mit Croûtons: Beim Lunchpot (mepal, ca. 15 Euro) kommen Komponente­n erst zusammen, wenn Essenszeit ist. Zwei getrennte Behälter ermögliche­n den getrennten Transport.

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