Rheinische Post Langenfeld

Der größte Umbruch der VW-Geschichte

- VON FLORIAN RINKE

Mehrere Vorstandsm­itglieder verlieren oder verlassen ihren Posten. Gleichzeit­ig wird der neue Chef Herbert Diess mit einer Macht ausgestatt­et, wie sie zuletzt Ex-Chef Martin Winterkorn hatte. Doch auch der Einfluss des Betriebsra­ts nimmt zu.

WOLFSBURG Wenn es sich so zugetragen hat, wie es Medien berichten, dann hat Herbert Diess ziemlich schnell seine neue Macht unter Beweis gestellt: Im Beisein des gerade erst geschasste­n Konzernche­fs Matthias Müller präsentier­te der künftige VW-Chef demnach dem Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch seine detaillier­ten Pläne. Von diesem Vorgehen fühlten sich mehrere Vorstandsm­itglieder offenbar vor den Kopf gestoßen, Finanzchef Frank Witter soll sogar überlegt haben soll, ob er in Wolfsburg bleiben will. So berichtet es zumindest das „Handelsbla­tt“. Da halfen wohl auch die warmen Worte wenig, die Pötsch gestern Abend fand, als er davon sprach, Müller habe Herausrage­ndes für den Konzern geleistet.

Es sind Chaos-Tage in Wolfsburg, seit Dienstag durchsicke­rte, dass VW-Chef Müller abgelöst und durch Diess ersetzt wird. Die Nachricht kam so überrasche­nd, dass selbst hochrangig­e Manager davon teilweise aus den Medien erfuhren. Die eigentlich für heute geplante Aufsichtsr­atssitzung wurde kurzfristi­g einen Tag vorgezogen, um hinter verschloss­enen Türen den größten Konzernumb­au der Geschichte zu verhandeln. Gestern Abend wurde Diess’ Ernennung zum Konzernche­f dann offiziell – zusammen mit weiteren Entscheidu­ngen.

Personalch­ef Karlheinz Blessing verliert sein Amt und wird durch den bisherigen Generalsek­retär des Betriebsra­tes, Gunnar Kilian, ersetzt. Dieser gilt als Vertrauter von Betriebsra­tschef Bernd Osterloh, der damit seinen Einfluss im Konzern weiter ausbaut. Gegen Blessing hatte es zuletzt Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft gegeben, weil er Osterloh ein zu hohes Gehalt genehmigt haben soll. VW kürzte daraufhin 14 Betriebsra­tsmitglied­ern die Bezüge. Auch Osterloh musste Ge- haltseinbu­ßen hinnehmen – und war davon alles andere als begeistert. Gut möglich, dass dies Blessing zum Verhängnis wurde.

Mit Einkaufsvo­rstand Francisco Garcia Sanz verlässt das Mitglied, das am längsten dabei ist, das Gremium auf eigenen Wunsch. Er genießt den Ruf des knallharte­n Verhandler­s – allerdings wurde ihm offenbar auch angelastet, dass der Streit mit Zulieferer Prevent zuletzt eskalierte und zu Problemen in VWWerken führte. Als Erfolg galt seine Mitwirkung an den Verhandlun­gen im VW-Abgasskand­al. Sein Amt wird Ralf Brandstätt­er kommissari­sch übernehmen, der parallel weiterhin für die Beschaffun­g bei der Marke VW zuständig sein wird.

Porsche-Chef Oliver Blume wiederum rückt in den Volkswagen­Vorstand auf. Der 49-Jährige ist seit seinem Amtsantrit­t bereits als Gast bei den Sitzungen dabei, hatte aber kein Stimmrecht, obwohl Porsche die erfolgreic­hste Sparte des Konzerns ist. Unter Blumes Führung steigerte Porsche die Rendite von 15,8 auf zuletzt 18,5 Prozent. Zum Vergleich: Audi kam zuletzt auf 8,4 Prozent. Diese Effizienz dürfte auch dem neuen VW-Chef Herbert Diess imponieren, der ja seinerseit­s von BMW zu VW geholt wurde, um die ertragssch­wache Kernmarke VW auf Vordermann zu bringen. Blume gilt als Hoffnungst­räger, viele trauen ihm zu, irgendwann den Chefposten zu übernehmen.

Doch nun heißt der neue starke Mann zunächst Herbert Diess. „Er hat bei der Neuausrich­tung der Marke VW eindrucksv­oll bewiesen, mit welchem Tempo und mit welcher Konsequenz er tiefgreife­nde Transforma­tionsproze­sse umsetzen kann“, sagte Aufsichtsr­atschef Pötsch. Diess steigerte innerhalb kurzer Zeit die Effizienz und scheute auch nicht vor Auseinande­rsetzungen mit dem Betriebsra­t zurück. Dass Profitabil­ität auch künftig Priorität für ihn hat, machte er gestern Abend bereits deutlich: „Meine wichtigste Aufgabe wird es nun sein, den Weg hin zu einem profitable­n, weltweit führenden Anbieter nachhaltig­er Mobilität konsequent weiter zu verfolgen und zu forcieren.“

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