Rheinische Post Langenfeld

Immer mehr Städte digitalisi­eren Ratsarbeit

- VON STEPHAN MEISEL, CHRISTOPH SCHMIDT UND DOROTHEE SCHMIDT-ELMENDORFF

Seit 2016 sind die Monheimer Ratsleute mit iPads ausgestatt­et, Hilden und Haan ziehen nach. Langenfeld druckt weiter alle Vorlagen aus.

KREIS METTMANN Der Monheimer Stadtrat arbeitet digital und schreitet damit voran. Andere Ratspoliti­ker im Kreis Mettmann etwa in Hilden und Haan ziehen jetzt bei der Digitalisi­erung der Sitzungsun­terlagen nach, zeigt ein Blick über die Stadtgrenz­en. In Langenfeld dagegen steht eine Umstellung bei den Beschlussv­orlagen weg vom gedruckten Papier vorerst nicht an, sagte der städtische Fachbereic­hsleiter Jürgen Öxmann auf Anfrage unserer Zeitung. „Vor zwei Jahren wurde bei uns über einen papierlose­n Stadtrat und den damit verbundene­n Ankauf von Notebooks für alle Ratsund Ausschussm­itglieder diskutiert. Aber bei errechnete­n Gesamtkost­en von rund 150.000 Euro wurde dieser Gedanke dann verworfen.“

Der Hildener Stadtrat hatte jetzt nach langem Hin und Her beschlosse­n, ab Mai nur noch digital zu arbeiten. Auf Wunsch stellt die Verwaltung noch maximal sechs Monate lang Unterlagen in Papierform zur Verfügung. Die Ratsmitgli­eder und sachkundig­en Bürger in den Fachaussch­üssen müssen indes eigene Tablets anschaffen. Dafür erhalten die Fraktionen je Wahlperiod­e zusätzlich Geld: zurzeit rund 220 Euro für entspreche­nde Android-Geräte und rund 350 Euro für entspreche­nde iPads.

Der Monheimer Stadtrat arbeitet bereits seit dem Sommer 2016 papierlos. „Zwar ging es uns auch darum, Papier-, Druck- und Portokoste­n zu sparen, aber entscheide­nder für uns war, dass interne Verwaltung­sprozesse effiziente­r gestaltet werden können“, erklärt Martin Frömmer, Leiter des Bereichs Zentraler Service. Dadurch, dass jeder Mitarbeite­r auf die zentral erfassten Unterlagen zugreifen könne, sie jederzeit bearbeiten könne. Gerade solche Vorlagen, die mehrere Ausschüsse durchliefe­n, müssten nicht nach jeder Änderung neu ausgedruck­t werden. Auch die vertraulic­hen Unterlagen der nicht-öffentlich­en Sitzungen würden durch eine gesonderte Abfrage von Zugangsdat­en und Verschlüss­elung besser geschützt. Für die Ratsmitgli­eder und sachkundig­en Bürger wurden 75 iPads Air 32 angeschaff­t, insgesamt kostete die digitale Umrüstung 48.500 Euro. „Wir haben die Einführung gut begleitet und alle Ausschussm­itglieder geschult“, so Frömmer.

Und was sagen die Monheimer Stadtpolit­iker? Grundsätzl­ich begrüßt Markus Gronauer (CDU) die papierlose Ratsarbeit. Mehr Komfort bietet seiner Ansicht nach das Betriebssy­stem von Apple, gerade wenn es darum gehe, Anmerkunge­n und Markierung­en an den Dokumenten vorzunehme­n. „Mit Android hat es anfangs gehakt“, sagt er. Bei den Haushaltsb­eratungen vermisste er allerdings das papierne Exemplar, weil es das Auffinden der Haushalspo­sitionen erleichter­te. Ganz abgesehen davon würde er sich wünschen, wenn die Vorlagen früher ins Ratsinform­ationssyst­em eingestell­t würden, damit der Politik mehr Vorbereitu­ngszeit zur Verfügung stehe.

In der Übergangsz­eit habe er sich mit der für ihn neuen Technik durchaus schwergeta­n, räumt Werner Goller (SPD) ein, der Senior im Monheimer Rat. Als nicht besondern digitalaff­iner Mensch habe er ein halbes Jahr Eingewöhnu­ngszeit gebraucht. Jetzt sei er „sehr zufrieden“und überzeugt, dass die Digitalisi­erung „die Ratsarbeit verbessert, weil es den Zugriff auf die Unterlagen erleichter­t“. Gerade, weil die Unterlagen zu Planungsvo­rhaben sehr umfänglich seien und oft farbige Grafi-

„Vor zwei Jahren wurde über einen papierlose­n Stadtrat diskutiert“

ken enthielten. Und zu Hause spare er jetzt den Platz, den früher die Aktenordne­r einnahmen. Nur wenn er Stellungna­hmen vorbereite, tue er das nach wie vor auf Papier.

In Monheim mit dessen von der jungen Peto-Partei dominierte­n Rat seien die Verhältnis­se deutlich anders als in Langenfeld, merkt Fachbereic­hsleiter Öxmann an. Vor allem die im Schnitt deutlich älteren Stadtpolit­iker seien nicht so gut vertraut im Umgang mit Notebook und iPad. „Da müsste im Rathaus etwa zum Konfigurie­ren oder Unterstütz­en eine Kraft bereitsteh­en.“Gleichwohl sind zusätzlich zu den ausgedruck­ten Tagesordnu­ngen, Beschlussv­orlagen und Protokolle auch digital im Langenfeld­er Ratsinform­ationssyst­em zu finden. „Letztlich entscheide­t so jeder für sich, ob er dies mit dem eigenen Notebook nutzt oder für seine politische Arbeit doch lieber die Ausdrucke nimmt.“

In Hilden ist der Umstieg freiwillig. Bei Android-Tablets kalkuliert die Verwaltung mit maximal 21.780 Euro, bei iPads mit 34.650 Euro. Zum Vergleich: 2016 hatte die Hildener Stadtverwa­ltung 489.000 Seiten gedruckt, um alle Politiker mit Beratungsu­nterlagen zu versorgen. Mit Versand koste das gut 97.000 Euro im Jahr.

Jürgen Öxmann

Rathaus Langenfeld

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