Rheinische Post Langenfeld

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im Training jetzt endlich wieder Elfgegen-elf spielen, so dass ich auch mal die Möglichkei­t habe, einem Spieler zu signalisie­ren: Hey, so nicht! Ist die Mannschaft trotzdem Achter oder ist sie nur Achter? HECKING Wenn wir mit voller Kaderstärk­e durch die Saison gegangen wären und jetzt 40 Punkte hätten, würde ich sagen: Wir haben etwas nicht so gut gemacht. So aber ist der Tabellenpl­atz für mich das realistisc­he Spiegelbil­d der Saison. Andere Teams wären vielleicht Richtung Abstiegszo­ne abgeschmie­rt. So ist es für mich eine komplizier­te, aber normale Saison. Wir sind nie in einen Lauf reingekomm­en. Die Möglichkei­t war oft da. HECKING Ein Beispiel: Gegen Bayern machen wir ein Riesenspie­l und gewinnen 2:1. Dann verschlafe­n wir gegen Wolfsburg die erste halbe Stunde und verlieren 0:3. Dann kommt Schalke, daran kann man sehr viel festmachen. Wir führen 1:0, uns wird unberechti­gterweise ein Elfmeter aberkannt, das wäre wahrschein­lich das 2:0 gewesen, wir hätten wohl gewonnen und wären an Schalke vorbei gewesen. Immer wenn wir auf dem Sprung waren, kamen unterschie­dlichste Dinge zusammen. Sie haben sich immer vor ihre Spieler gestellt. Wäre es ab und zu hilfreiche­r gewesen, sie zum Beispiel durch öffentlich­e Kritik zu kitzeln? HECKING Heutzutage ist das nicht mehr möglich und im Endeffekt sinnlos. Denn der Spieler bekommt in der Öffentlich­keit in der Regel recht. Für uns Trainer empfinde ich diese Situation als unsäglich. Es macht ja auch kaum noch jemand. Du hast direkt den Berater am Telefon, das Thema geht hin und her, vor allem in der Berichters­tattung. Warum sollte ich den Medien eine Steilvorla­ge liefern? Dortmunds Peter Stöger hat es letztens bei Mario Götze gewagt, ihn öffentlich zu kritisie- ren. Warum hat er nicht das Recht dazu? Vielleicht ist so eine Ansage mal hilfreich. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Fans „Hecking raus“rufen? HECKING Das ist schon schwere Kost. Am liebsten will man diejenigen persönlich fragen, ob sie nicht se- hen, was los ist. Ich denke mir ja nichts aus. Jeder, der sich mit Borussia beschäftig­t, sieht, dass es eine schwierige Saison ist. Aber ich habe in der Videoanaly­se mal genau hingeguckt: Trotz alledem haben beim Abpfiff gegen Hertha bestimmt 49.000 von 50.000 Zuschauern die Arme hochgeriss­en und gejubelt. Von denen waren viele mit dem Auftritt sicherlich auch nicht zufrieden. Aber Personen, die im öffentlich­en Leben arbeiten, müssen damit umgehen können, dass vielleicht 50 Prozent nicht einverstan­den sind. Mittlerwei­le kann ich das sehr gut. Haben Sie nie Selbstzwei­fel? HECKING Wenn wir – da beziehe ich den gesamten Staff mit ein, und auch Max Eberl als Manager und Steffen Korell als Chefscout – unter diesen Umständen das Gefühl hätten, elementare Fehler zu machen, dann wäre die Kritik berechtigt. Das haben wir aber nicht. Ich weiß, dass Max mir sagen würde, wenn ihm etwas auffallen würde. Im deutschen Fußball herrscht allgemein viel Unruhe. HECKING Wir haben momentan eine Vielzahl von Themen, die den Fan berühren: Videobewei­s, Montagsspi­ele, Pyrotechni­k, 50+1. Für viele Fans ist das elementar. Nehmen sich die Fans zu wichtig? HECKING Die Vereine haben ihnen diese Bedeutung oftmals gegeben. Und die Ultraszene zum Beispiel ist doch durchaus wichtig für den Fußball. Sicherlich muss sie sich in einigen Punkten auch hinterfrag­en, aber wir wollen sie in den Stadien auch nicht missen. Bei Borussia bekomme ich mit, dass es einen regelmäßig­en Austausch mit dieser Gruppierun­g gibt. Das ist enorm wichtig. Denn so eine Situation wie bei unserem Auswärtssp­iel in Hannover, wo verschiede­ne Gruppen im Stadion gegeneinan­der Stimmung gemacht haben, wollen wir in Gladbach nicht erleben. DAS GESPRÄCH FÜHRTEN KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ.

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FOTO: IMAGO

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