ANALYSE
In Syrien sterben Hunderttausende, und die Uno schaut zu. Verantwortlich dafür ist die überholte Struktur des Sicherheitsrats. Eine Reform ist dringend nötig, sonst droht der Organisation das Schicksal des Völkerbunds.
überholt der Sicherheitsrat auch wirkt, es ist nicht einfach, ihn in seiner Rolle zu ersetzen. Man müsse vielmehr dafür sorgen, dass das höchste UN-Gremium als zentraler Krisenmanager glaubwürdig bleibe, plädiert Deutschlands UNBotschafter Christoph Heusgen.
Weil diese Glaubwürdigkeit bereits schwer erschüttert ist, wäre eigentlich Eile geboten. Doch mehr als Trippelschritte sind bisher nicht zu erkennen. Eine Minderheit von Staaten, so beklagt Heusgen, wende sich vehement selbst gegen eine Diskussion möglicher Reformen. Und dabei wird der größte Brocken bisher sogar noch ausgeklammert: das Vetorecht. Dabei zirkuliert schon seit einigen Jahren ein Modell, wonach die „diplomatische Atombombe“wenigstens teilweise entschärft werden könnte. Vor zwei Jahren griff Frankreich einen Kompromissvorschlag auf, wonach die ständigen Ratsmitglieder in bestimmten Fällen freiwillig auf ihr Vetorecht verzichten sollten, darunter Kriegsverbrechen, Völkermord oder schwere Menschrechtsverletzungen. Knapp die Hälfte der 193 UN-Mitgliedsstaaten unterstützten den Vorstoß, und Paris wollte selber mit gutem Beispiel vorangehen. Aber keine andere VetoMacht wollte sich anschließen.
Dabei sind die möglichen Folgen gravierend, falls sich der Sicherheitsrat weiter selbst blockiert. Unilaterales Handeln, zum Beispiel auch militärische Interventionen ohne UN-Mandat, würden dann wohl wieder die Regel, nicht die Ausnahme. Und die Uno würde am Ende scheitern wie ihr glückloser Vorläufer, der Völkerbund. Längst lassen führende Politiker auch im Westen ihrer Geringschätzung für die Weltgemeinschaft freien Lauf. Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley bekannte, sie teile die Verachtung John Boltons, des neuen Sicherheitsberaters von US-Präsident Donald Trump, für die Uno. Und auch in Deutschland sinkt das Ansehen der Organisation. Umso wichtiger wäre es, findet Diplomat Heusgen, dass der Sicherheitsrat sich endlich in ein Gremium verwandelt, „das schon handelt, wenn es noch nicht kracht“.