Rheinische Post Langenfeld

DANIEL COHN-BENDIT

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Sexuelle Revolution und studentisc­he Revolte Der Politiker war Sprecher der Pariser Studenten-Proteste.

Es begann mit Protesten gegen Geschlecht­ertrennung in den Wohnheimen der Studenten von Paris-Nanterre. Daniel Cohn-Bendit war dabei. Er hatte nach seinem Abitur an der deutschen Odenwaldsc­hule 1965 begonnen, in Nanterre Soziologie zu studieren und sich einer anarchisti­schen Gruppe angeschlos­sen. Man traf sich in seiner Wohnung zu Diskussion­en und trat öffentlich für eine Entspießer­ung des studentisc­hen Lebens ein. Mit der sexuellen Befreiung sollte die Befreiung der Gesellscha­ft vorangetri­eben werden. Außerdem eignete sich das Thema bestens zur Provokatio­n. So überrascht­e Cohn-Bendit etwa bei einer Schwimmbad-Eröffnung in Nanterre den damaligen Jugendmini­ster mit der Frage, warum er das Thema Sexualität in seinem „Weißbuch über die Jugend“ausgespart habe. Der Minister antwortete, wenn er ein sexuelles Problem habe, könne er ja ins kalte Wasser springen. Dass Cohn-Bendit diese Aussage dann mit der Hitlerjuge­nd verglich, brachte ihm disziplina­rische Schwierigk­eiten ein. Doch er war ohnehin auf dem Weg zum VollzeitAk­tivisten, wurde Sprecher der großen Studentenp­roteste 1968 in Paris und für die Staatsmach­t so unbequem, dass Frankreich ihn noch im selben Jahr auswies. Der Sohn jüdischer Eltern, der auf der Flucht der Familie 1945 in Frankreich geboren wurde, ging nach Frankfurt, engagierte sich im Sozialisti­schen Deutschen Studentenb­und und der Apo und wurde in den 1970er Jahren Mitglied der Frankfurte­r SpontiSzen­e. Damals arbeitete er eine Zeit lang als Erzieher in einem Kinderlade­n und verfasste einen Aufsatz mit Thesen zur kindlichen Sexualität, die er später als Provokatio­n verstanden wissen wollte. Allerdings wurden ihm diese Sätze immer wieder vorgehalte­n, auch von politische­n Gegnern späterer Jahre. Cohn-Bendit wurde ein Mitgründer der Grünen und saß von 1994 bis 2014 für die Grünen im Europaparl­ament. Dann zog er sich zurück aus der Berufspoli­tik – nicht aber aus der Öffentlich­keit. Als Streiter für ein starkes Europa. Dorothee Krings

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