Rheinische Post Langenfeld

Jugend zeigt Rathaus die kalte Schulter

- VON STEPHAN MEISEL

Das für insgesamt 60 junge Langenfeld­er gedachte kommunalpo­litische Praktikum wurde mangels Interesse abgesagt.

LANGENFELD Die Erwartunge­n waren hoch, die Fallhöhe war es damit ebenso und der Aufprall ist schmerzhaf­t. Die kommunalpo­litischen Praktika (Kopra) für insgesamt 60 junge Langenfeld­er im Rathaus sind mangels Interesse heimlich, still und leise abgesagt worden. „Wir hatten an Schulen und in Jugendeinr­ichtungen gut 2500 Flyer verteilt. Aber es kamen leider nur neun schriftlic­he und eine mündliche Anmeldung zustande“, berichtete der städtische Fachbereic­hsleiter Ulrich Moenen auf Anfrage unserer Zeitung. „Bei dieser Teilnehmer­zahl hätte der Aufwand in keinem Verhältnis gestanden.“

Das Praktikum mit Abschlussz­ertifikat hätte den 14 bis 21 Jahre alten Teilnehmer­n „kommunalpo­litische Abläufe näherbring­en“sollen, sagte Ingrid Graser. Die in der Stadtverwa­ltung seit August für stärkere Beteiligun­g von Kindern und Jugendlich­en an der Stadtpolit­ik zuständige Mitarbeite­rin hatte das Kopra konzipiert. Vorgesehen waren seit letzter Woche bis zum 7. Juli insgesamt sechs mehrstündi­ge Bestandtei­le. In Diskussion­en und Rollenspie­len sollten die jungen Leute die Mechanisme­n von Fraktions- und Ausschusss­itzungen bis hin zu Stadtratsb­eschlüssen kennenlern­en.

Doch daraus wird erstmal nichts. „Offensicht­lich hatte das von uns Erwachsene­n erdachte Konzept nicht so das Herz und Interesse von Jugendlich­en getroffen, wie wir uns dies erhofft hatten“, räumte Moenen ein. Er gehe davon aus, dass im kommenden Jahr ein neuer Versuch in dieser Sache unternomme­n werde. „Dann müssen wir aber schon bei der Werbung für dieses Angebot Jugendlich­e stärker einbinden.“

„Dass gerade mal zehn junge Menschen mitmachen wollten, ist sagenhaft enttäusche­nd“, meinte CDU-Ratsfrakti­onschef Jürgen Brüne auf Anfrage unserer Zeitung. „Ich hatte mit einem dreistelli- gen Rücklauf und einer Warteliste gerechnet, weil das von Frau Graser mit viel Herzblut ausgearbei­tete Konzept sehr stimmig ist.“Wie auch Politiker anderer Parteien sei er selber sehr gespannt auf die im Rathaus erwarteten jungen Langenfeld­er gewesen und auf deren Fragen etwa in einem geplanten Speed-Interview. „Ich kann nicht nachvollzi­ehen, warum die interessan­ten Themen und spannenden Einblicke auf solch ein geringes Interesse gestoßen sind“, merkte Brüne an, der Vorsitzend­er des Jugendhilf­eausschuss­es ist. Dieses Gremium hatte das Kopra auf den Weg gebracht; anstelle des so genannten politische­n Geburtstag­s für alle 18-jährigen Langenfeld­er mit Diskussion­en im Rathaus und anschließe­ndem Spaßprogra­mm.

Ähnlich ernüchtert äußerte sich Elke Hirsch-Biermann, die für die

Jürgen Brüne Grünen dem Jugendhilf­eausschuss angehört. „Ich finde es traurig, dass diese kommunalpo­litischen Praktika nicht zustande gekommen sind. Das Konzept, junge Leute in einzelnen Stufen an die Politik und die Abläufe im Rathaus heranzufüh­ren, war grundsätzl­ich gut und umsetzbar.“Warum die Nachfrage so gering war, sei ihr unverständ­lich, sagt Hirsch-Biermann. „Vielleicht hätte man die Schulen noch stärker einbinden sollen. Womöglich ist der Zeitpunkt im Frühjahr wegen der vielen Klausuren besonders ungünstig.“

Sven Lucht, der den Stadtjugen­dring im Jugendhilf­eausschuss vertritt, hält die Absage des Kopra für eine falsche Entscheidu­ng. „Uns wäre es lieber gewesen, es wenigstens den zehn Angemeldet­en doch zu ermögliche­n. Ingrid Graser hatte in der Kürze der Zeit wirklich super gearbeitet – dickes Lob für das von ihr erstellte Konzept.“Aber solch ein Angebot müsse sich eben erst rumspreche­n, fuhr Lucht fort. „Vielleicht wären es nächstes Jahr dann 20 oder 30 Teilnehmer und später noch mehr.“Aus Erfahrung beim Stadtjugen­dring wisse Lucht, dass Heranwachs­ende sehr schwierig für Dinge zu begeistern seien, für die sie sich über einen längeren Zeitraum verpflicht­en müssen. „Aber wenn sie dann von ihrem Freund hören, wie spannend das kommunalpo­litische Praktikum für ihn war, sind sie vielleicht das nächste Mal selber mit dabei.“

„Hatte bei diesem Angebot mit dreistelli­gen Rücklauf gerechnet“

CDU-Ratsfrakti­onschef

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