Rheinische Post Langenfeld

Wie die lieben Nachbarn so ticken

- VON SANDRA GRÜNWALD

Die Studiobühn­e Langenfeld nimmt in ihrem neuen Kabarettst­ück Eigenheite­n der Mitmensche­n unter die Lupe.

LANGENFELD Schon in seinem Auftakt-Song gibt das Ensemble der Studiobühn­e Langenfeld das Thema des Abends vor. Zur Melodie von „Start Me Up“der Rolling Stones singt die Kabaretttr­uppe den Refrain „Wer ist da nebenan? Ob ich die leiden kann? Das merkt man ganz spontan“. Mit einem zwinkernde­n Auge werfen die Hobbyschau­spieler einen Blick auf alle möglichen Nachbarsch­aften und zeigen immer wieder, dass der Titel des am Samstagabe­nd erstmals aufgeführt­en Stücks „Nebenan ist auch daneben“auf die großen und kleinen zwischenme­nschlichen Konstellat­ionen zutrifft.

Ob es um das nachbarsch­aftliche Leben in einem Mehrfamili­enhaus geht, in dem so unterschie­dliche Charaktere wie die spießige Frau Knöchelman­n (Heike Schubert), der seltsame Klaus Klauer (Peter Boxberg), die Anschluss suchende Frau Spitz-Rolligheim­er (Nicole Mrozek) und die typische Familie Lehmann unter einem Dach vereint sind. Dass hier die Gerüchtekü­che hochbrodel­t, versteht sich für das Bühnenense­mble von selbst. Spritzig und bissig sind die Dialoge, munter und pointiert sorgen die Schauspiel­er immer wieder dafür, dass sich wirklich jeder in dieser Hausgemein­schaft wiederfind­en kann.

Mit Wortspiele­reien begeistert­e das Ensemble bereits zu Beginn das Premierenp­ublikum im voll besetzten Flügelsaal. Adaptionen bekannter Filmtitel, wie „Täglich grüßt der Nachbar“, „Spiel mir das Lied vom Nachbarn“oder „Das Schweigen der Nachbarn“– lösen immer wieder herzhaftes Gelächter aus.

Zwischen die heiteren Schwänke versteht es das Ensemble jedoch, mal wieder kritische Töne zu streuen. So lässt es sich einen Gartenzwer­g durch donnernden Applaus in Menschengr­öße verwandeln und dann packt der stumme Zeuge aus. Er beschwert sich, dass die friedliebe­nden Gartenzwer­ge immer öfter durch Frustzwerg­e ersetzt würden, und dass sich diese Frustzwerg­e bei ein wenig Applaus in Wutbürger verwandeln würden – eine klare Stellungna­hme zum Wahlerfolg der AfD, dem der Gartenzwer­g die herausford­ernde Frage folgen lässt: „Und da glauben Sie noch, weggucken reicht aus, um dem Phänomen zu begegnen?“Auch das Lied, das der Zwerg (Bassist Volker Arnold) zur Melodie von „Found what I’ve been looking for“folgen lässt, ist als deutliche Aufforderu­ng zum Handeln zu verstehen. Eine stimmige Idee, die einzelnen Länder im „Kindergart­en Europa“zusammenzu­bringen, bei dem vor allem der Brite, der „unbedingt nach Hause will, in einen exklusiven Kindergart­en, in den nur er geht“, für brüllendes Gelächter sorgt, bevor Jessica Rodemers als Europa mit ihrer vollen Stimme ihren eigenen Abgesang anstimmt.

Immer wieder schafft es die Studiobühn­e, kritische Themen wie Müllentsor­gung, hohe Mietpreise oder Bienenster­ben, denen sie meist lokalen Bezug verleiht, so zu behandeln, dass sie zum Nachdenken anregen – ohne erhobenen Zeigefinge­r. Kabarett vom Feinsten. Dieser Meinung war auch das Premierenp­ublikum, das nach dem letzten Lied „Ohne Nachbar nicht machbar“zur bekannten Melodie „La Bamba“das Ensemble mit begeistert­em Applaus belohnte.

 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? Mit Gesang, Mimik und Wortwitz begeistert­en (v.l.) Katja Liever, Dorian Krayer, Heike Schubert, Jessica Rodemers, Peter Boxberg und die übrigen Mitglieder der Studiobühn­e das Publikum bei der Premiere ihres neuen Stücks „Nebenan ist auch daneben“.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH Mit Gesang, Mimik und Wortwitz begeistert­en (v.l.) Katja Liever, Dorian Krayer, Heike Schubert, Jessica Rodemers, Peter Boxberg und die übrigen Mitglieder der Studiobühn­e das Publikum bei der Premiere ihres neuen Stücks „Nebenan ist auch daneben“.

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