Rheinische Post Langenfeld

Land: Kliniken müssen Patientend­aten schützen

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Vor zwei Jahren legte ein Computervi­rus Krankenhäu­ser in Nordrhein-Westfalen lahm. Nun sorgt eine neue Datenpanne für Aufregung. Dieses Mal steht jedoch kein Hacker, sondern ein früherer Mitarbeite­r des Krankenhau­sZweckverb­ands Rheinland im Visier. Er soll Daten, mit deren Aufarbeitu­ng er beruflich befasst war, an die Internetpl­attform Medileaks weitergele­itet zu haben. Um welche Daten geht es? Im Krankenhau­s-Zweckverba­nd sind 168 Kliniken aus dem Rheinland organisier­t, Uniklinike­n, kirchliche wie öffentlich­e Häuser. Der Verband führt für diese Häuser die Budgetverh­andlungen mit den gesetzlich­en Krankenkas­sen, sorgt für Vergleichb­arkeit unter den Häusern und nimmt deren Interessen wahr. „Bei den möglicherw­eise entwendete­n Daten handelt es sich um aggregiert­e Daten auf Basis der Daten all unserer Häuser“, sagte Verbandssp­recher Torsten Rössing.

Die Plattform Medileaks erklärt, sie haben Daten von bundesweit über 300 Krankenhäu­sern und zwar zu Finanzdate­n, Personalbe­stand, Krankheits­statistike­n und Operations­dauern. Die Datensätze enthielten darüber hinaus auch Angaben zu Diagnosen, Alter und Postleitza­hlen, aber anonymisie­rt. Aber auch die Aneignung, Nutzung und Veröffentl­ichung dieser zusammenge­fassten Daten ist aus Sicht der NRW-Krankenhäu­ser „rechtswidr­ig und zum Teil auch strafbar“. Daher gehen sie gegen die Seite vor. Wer ist Medileaks? Die Internetpl­attform gibt an, „Datenanaly­sen für ein gerechtere­s Gesundheit­ssystem“durchführe­n zu wollen. Sie nennt sich selbst eine Non-ProfitOrga­nisation. „Wir sind ein Team von Krankenhau­sberatern mit Hintergrun­d in der Statistik und Gesundheit­sökonomie“, teilen die Betreiber der Seite mit. Zwar betonen sie: „Selbstvers­tändlich werden keine Patientend­aten veröffentl­icht“, aber nun müsse man über die Auswirkung­en der Ökonomisie­rung aufklären. Wer genau hinter der Seite steckt, ist unklar: „Habt Verständni­s, dass unsere Anonymität gewahrt bleiben muss“, heißt es. Entspreche­nd schwer hat es nun der Krankenhau­s-Zweckverba­nd, gegen die Seite wegen des mutmaßlich­en Datenklaus vorzugehen. „Gegen Medileaks gehen wir rechtlich vor, leider ist der Sitz der Seite auf den australisc­hen Kokosinsel­n“, erklärte der Verbandssp­recher. Was tun die Kliniken für besseren Schutz? Der Verband betont: „Es gibt keinen Verdacht auf eine Cyberattac­ke.“Das heißt, die Computer seien wohl nicht von extern gehackt worden. „Nachdem wir eine Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t, die Staatsanwa­ltschaft und Polizei eingeschal­tet haben, ergab sich der Verdacht, dass einer unserer Mitarbeite­r mit Medileaks zusammenar­beitet.“Und gegen kriminelle Energie Einzelner gebe es keinen systematis­chen Schutz, so Torsten Rössing. Bei der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t handelt es sich um EY (früher Ernst&Young), die IT-Forensiker schickte, um die Computer auch des verdächtig­en Mitarbeite­rs zu untersuche­n. Was fordern die Kassen? Die Kliniken sind frühzeitig in die Offensive gegangen. Nun müsse der Datenklau vollständi­g geklärt werden, fordern die Kassen. „Wir gehen davon aus dass der Zweckverba­nd alles Nötige in die Wege leitet um den Datenklau aufzukläre­n. Ob es um ein generelles Datenschut­zproblem geht muss ebenfalls genau untersucht werden“, sagte Dirk Ruiss, Chef des NRW-Ersatzkass­enverbands. Für die Kassen kommt eine neue Datenschut­zdebatte zur Unzeit, sie wollen doch gerne die elektronis­che Gesundheit­skarte einführen. Und auch wenn der aktuelle Fal nichts damit zu tun hat: Die Karte kommt seit Jahren wegen Datenschut­zbedenken nicht voran.

Die Krankenhäu­ser gehen bei der Datenpanne nicht von einem Cyberangri­ff aus. Medileaks behauptet, Daten von bundesweit 300 Häusern zu haben.

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