Ein Ende mit Schrecken
Ausschreitungen von ein paar hundert Chaoten überschatten einen würdevollen Abschied des HSV aus der Bundesliga.
HAMBURG/DÜSSELDORF Es hätte eine würdevolle Abschiedsvorstellung werden können. Aber das war wohl nicht nach dem Geschmack einiger Fans aus dem Ultrablock in der Kurve des Hamburger Volksparkstadions. Der HSV muss nach einer ordentlichen fußballerischen Vorstellung und einem 2:1-Erfolg über Borussia Mönchengladbach zum ersten Mal in die zweite Liga absteigen. Trotz aller Enttäuschung über einen Abstieg, der sich seit Jahren abzeichnet, feierte der allergrößte Teil des Publikums die Mannschaft für ihren erkennbaren Willen. Ein paar hundert Chaoten aber brannten kurz vor Schluss ein bösartiges Feuerwerk ab, warfen Böller auf den Platz und rannten aus dem Stadion, als Polizei auf dem Ra- sen aufmarschierte, um einen Platzsturm zu verhindern. Die meisten Fans im Stadion stimmten lautstark über diese Aktion ab. Sie pfiffen die Ultras aus, riefen: „Wir sind Hamburger und ihr nicht!“und forderten die Polizei auf, die Randalierer zu stellen.
Dafür gab es Lob von den HSVFunktionären. „Der größte Teil des Publikums hat sich großartig verhalten“, sagte Vorstand Frank Wettstein. Für die Krawalle habe er kein Verständnis. Trainer Christian Titz erklärte: „Solche Leute gehören aus dem Stadion ausgesperrt und verhaftet.“So dachten viele am vorläufig letzten Hamburger ErstligaNachmittag.
Schon vor dem Spiel hatten Tausende der Mannschaft auf der Einfahrt ins Stadion Mut gemacht für das Endspiel, bei dem der HSV auf fremde Hilfe angewiesen war. Er benötigte nicht nur den Sieg, er musste auch auf den 1. FC Köln hoffen, der beim Hamburger Konkurrenten Wolfsburg antrat. Die Hoffnung war vergeblich. Köln, das als Absteiger bereits feststand, brachte keine ernste Gegenwehr auf den Rasen. Wolfsburg gewann mit 4:1. Und während der Kölner Torwart Timo Horn klagte, „das kam einer Arbeitsverweigerung gleich“, kann der VfL Wolfsburg wie in der vergangenen Saison in den Relegationsspielen den Kopf aus der Schlinge ziehen.
Die Wolfsburger treten gegen Holstein Kiel an. Und sie sind wegen ihrer fußballerischen Möglichkeiten der natürliche Favorit in dieser Begegnung. Das waren sie auch 2017, als sie sich gegen Eintracht Braunschweig durchsetzten. Ein Durchfahrtsschein ist die fußballerische Klasse allerdings für den VW-Werksklub nicht, dessen Personal mit dem Anspruch auf einen Platz im internationalen Geschäft zusammengestellt worden war. Die Relegationsspiele sind viel zu wenig für das bestens honorierte Team. „Aber, ehrlich gesagt: Mehr haben wir nicht verdient“, räumte Mittelfeldspieler Josuha Guilavogui ein.
Auch der HSV hat nicht mehr verdient als den ersten Abstieg seiner Bundesliga-Geschichte. Er kam erst wieder in die Nähe der alljährlichen Last-Minute-Rettung, als es zu spät war. Trainer Titz brachte ein lebloses Team wieder in Schwung, es gab tatsächlich noch einmal bundesligataugliche Vorstellungen. Doch der Rückstand aufs vielzitierte rettende Ufer war zu groß. Acht Spieltage vor Schluss hatte der HSV bei 18 Punkten bereits sieben Zähler Rückstand auf den Relegationsplatz. Es ist bereits eine große Überraschung, dass er am letzten Spieltag noch einmal hoffen durfte. „Der Hauptgrund für den Abstieg ist, dass dieser Trainer zu spät gekommen ist“, sagte Verteidiger Kyriakos Papadopoulos, „mit ihm steigt der Klub direkt wieder auf.“
Ob Papadopoulos diesen Weg mitgehen wird, ist noch nicht heraus. Er gehört zu jenen, die mit einem lukrativen Vertrag ausgestattet sind und deren Dienste sich der Verein vermutlich nicht mehr leisten kann. Ebenso fraglich ist, ob der Rückweg so leicht ist, wie sich der Grieche das vorstellt. Das Vereinsdenkmal Uwe Seeler hebt auf jeden Fall schon mal mahnend den Zeigefinger. „Das wird ganz schwer“, sagte „Uns Uwe“. Und da hat er sicher recht.