Rheinische Post Langenfeld

Ein Ende mit Schrecken

- VON ROBERT PETERS

Ausschreit­ungen von ein paar hundert Chaoten überschatt­en einen würdevolle­n Abschied des HSV aus der Bundesliga.

HAMBURG/DÜSSELDORF Es hätte eine würdevolle Abschiedsv­orstellung werden können. Aber das war wohl nicht nach dem Geschmack einiger Fans aus dem Ultrablock in der Kurve des Hamburger Volksparks­tadions. Der HSV muss nach einer ordentlich­en fußballeri­schen Vorstellun­g und einem 2:1-Erfolg über Borussia Mönchengla­dbach zum ersten Mal in die zweite Liga absteigen. Trotz aller Enttäuschu­ng über einen Abstieg, der sich seit Jahren abzeichnet, feierte der allergrößt­e Teil des Publikums die Mannschaft für ihren erkennbare­n Willen. Ein paar hundert Chaoten aber brannten kurz vor Schluss ein bösartiges Feuerwerk ab, warfen Böller auf den Platz und rannten aus dem Stadion, als Polizei auf dem Ra- sen aufmarschi­erte, um einen Platzsturm zu verhindern. Die meisten Fans im Stadion stimmten lautstark über diese Aktion ab. Sie pfiffen die Ultras aus, riefen: „Wir sind Hamburger und ihr nicht!“und forderten die Polizei auf, die Randaliere­r zu stellen.

Dafür gab es Lob von den HSVFunktio­nären. „Der größte Teil des Publikums hat sich großartig verhalten“, sagte Vorstand Frank Wettstein. Für die Krawalle habe er kein Verständni­s. Trainer Christian Titz erklärte: „Solche Leute gehören aus dem Stadion ausgesperr­t und verhaftet.“So dachten viele am vorläufig letzten Hamburger ErstligaNa­chmittag.

Schon vor dem Spiel hatten Tausende der Mannschaft auf der Einfahrt ins Stadion Mut gemacht für das Endspiel, bei dem der HSV auf fremde Hilfe angewiesen war. Er benötigte nicht nur den Sieg, er musste auch auf den 1. FC Köln hoffen, der beim Hamburger Konkurrent­en Wolfsburg antrat. Die Hoffnung war vergeblich. Köln, das als Absteiger bereits feststand, brachte keine ernste Gegenwehr auf den Rasen. Wolfsburg gewann mit 4:1. Und während der Kölner Torwart Timo Horn klagte, „das kam einer Arbeitsver­weigerung gleich“, kann der VfL Wolfsburg wie in der vergangene­n Saison in den Relegation­sspielen den Kopf aus der Schlinge ziehen.

Die Wolfsburge­r treten gegen Holstein Kiel an. Und sie sind wegen ihrer fußballeri­schen Möglichkei­ten der natürliche Favorit in dieser Begegnung. Das waren sie auch 2017, als sie sich gegen Eintracht Braunschwe­ig durchsetzt­en. Ein Durchfahrt­sschein ist die fußballeri­sche Klasse allerdings für den VW-Werksklub nicht, dessen Personal mit dem Anspruch auf einen Platz im internatio­nalen Geschäft zusammenge­stellt worden war. Die Relegation­sspiele sind viel zu wenig für das bestens honorierte Team. „Aber, ehrlich gesagt: Mehr haben wir nicht verdient“, räumte Mittelfeld­spieler Josuha Guilavogui ein.

Auch der HSV hat nicht mehr verdient als den ersten Abstieg seiner Bundesliga-Geschichte. Er kam erst wieder in die Nähe der alljährlic­hen Last-Minute-Rettung, als es zu spät war. Trainer Titz brachte ein lebloses Team wieder in Schwung, es gab tatsächlic­h noch einmal bundesliga­taugliche Vorstellun­gen. Doch der Rückstand aufs vielzitier­te rettende Ufer war zu groß. Acht Spieltage vor Schluss hatte der HSV bei 18 Punkten bereits sieben Zähler Rückstand auf den Relegation­splatz. Es ist bereits eine große Überraschu­ng, dass er am letzten Spieltag noch einmal hoffen durfte. „Der Hauptgrund für den Abstieg ist, dass dieser Trainer zu spät gekommen ist“, sagte Verteidige­r Kyriakos Papadopoul­os, „mit ihm steigt der Klub direkt wieder auf.“

Ob Papadopoul­os diesen Weg mitgehen wird, ist noch nicht heraus. Er gehört zu jenen, die mit einem lukrativen Vertrag ausgestatt­et sind und deren Dienste sich der Verein vermutlich nicht mehr leisten kann. Ebenso fraglich ist, ob der Rückweg so leicht ist, wie sich der Grieche das vorstellt. Das Vereinsden­kmal Uwe Seeler hebt auf jeden Fall schon mal mahnend den Zeigefinge­r. „Das wird ganz schwer“, sagte „Uns Uwe“. Und da hat er sicher recht.

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FOTO: DPA Polizei marschiert auf, um einen Platzsturm zu verhindern, Randaliere­r im HSV-Block haben Pyrotechni­k gezündet und Böller in den Gladbacher Strafraum geworfen.

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