Rheinische Post Langenfeld

Anklage fordert fünf Jahre Haft für Automaten-Sprenger

- VON SIEGFRIED GRASS

Urteilsver­kündung soll am 21. Juni sein.

LEVERKUSEN Am zehnten Verhandlun­gstag in Sachen „Sprengung von Geldautoma­ten“hatten der Staatsanwa­lt und die Verteidige­r das Wort. Und die hatten bei ihren Vorstellun­gen für mögliche Strafen ganz unterschie­dliche Vorstellun­gen: Die Anklage forderte bis zu fünf Jahre Haft, die Verteidige­r plädierten durchweg für Freispruch.

Dabei hatten die Richter und der Vertreter der Anklage bereits die beiden ersten von insgesamt vier Fällen, die die 20. Große Strafkamme­r des Kölner Landgerich­ts seit März mit Zeugenauss­agen und Indizien aufarbeite­t und zu bewerten hat, vorläufig eingestell­t.

Das hatte in erster Linie prozessual­e Gründe, um das Verfahren nicht noch mehr in die Länge zu ziehen und den Verteidige­rn keine Gründe für eine Revision zu liefern.

Nach den ausführlic­hen Bewertunge­n in den Schlussred­en will das Gericht sich bis zum 21. Juni für die Urteilsver­kündung Zeit lassen. Vor allem regten die Verteidige­r an, die Angeklagte­n – wie immer das Urteil ausfallen wird – dann der niederländ­ischen Justiz zu überstelle­n. Dann müssten die beiden vor Gericht stehenden Niederländ­er ihre Strafen in ihrer Heimat absitzen.

Ein dritter Angeklagte­r, der nicht mehr in Untersuchu­ngshaft saß, hatte sich zweimal vor Gericht blicken lassen, dann ist er nicht mehr erschienen. Gleichwohl wurde dieser Prozess so geführt, als ob er anwesend wäre. Sein Verteidige­r sprach in der Verhandlun­g für ihn und sah keine Beweise für eine direkte Beteiligun­g an den vier behandelte­n Fällen.

So werden die Ermittlung­en bei den beiden Sprengunge­n in Solin- gen und Leverkusen-Wiesdorf (Fälle 1 und 2) vorläufig eingestell­t. Was bleibt, sind Taten in Willich-Schiefbahn und Löhne. In Willich-Schiefbahn gab es nach einer sogenannte­n „untauglich­en Explosion“(der Automat hielt stand) eine wilde Verfolgung­sjagd, bei dem das Fluchtauto von der Straße abkam. Die Täter flüchten zu Fuß, hinterließ­en aber Kleidungss­tücke mit DNA-Spuren.

Bei der Tat in Löhne waren ihnen die niederländ­ische Polizei und die Beamten des Landeskrim­inalamtes auf der Spur; sie konnten aber nur den Jüngsten vor Ort fassen. Die Beweismitt­el sind neben DNA-Spuren ein Tablett-Computer mit ausführlic­hen Planungen für die Sprengunge­n und die Auswertung­en von Telefonübe­rwachungen.

In seinem Plädoyer bemerkte der Staatsanwa­lt, dass sich die Geldautoma­tensprenge­r nach anfänglich­en Taten in den Niederland­en immer häufiger in Deutschlan­d umsehen. Die holländisc­hen Banken haben ihre Geldautoma­ten inzwischen so aufgerüste­t, dass die Täter praktisch nicht mehr an das Geld kommen. Und wenn doch, dann sorgen Farbpatron­en dafür, dass die Beute unbrauchba­r wird. In Deutschlan­d gibt es da offenbar einen hohen Nachrüstbe­darf.

Bevor auch in Deutschlan­d die Automaten sicherer werden, schlagen die Täter, die nach Erkenntnis der Staatsanwa­ltschaft einem Kreis von rund zweihunder­t Personen mit Schwerpunk­t in Utrecht zugerechne­t werden und hochprofes­sionell agieren, immer häufiger zu.

So stellt sich die Frage, ob tatsächlic­h über Nacht Beträge von mehr als 300.000 Euro in den Automaten vorgehalte­n werden müssen. Das könnte durchaus Begehrlich­keiten bei den Gaunern wecken.

Ein dritter Angeklagte­r hatte sich zweimal vor Gericht blicken lassen, dann ist er nicht mehr

erschienen.

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