Rheinische Post Langenfeld

Als aus Gegnern echte Partner wurden

- VON THERESA DEMSKI

Sie ziehen an einem Strang für das Trinkwasse­r: Die Kooperatio­n zwischen Landwirtsc­haft und Wasserwirt­schaft im Bergischen feiert ihr 25-jähriges Bestehen. Deren Arbeit gilt als Erfolgsges­chichte für alle Seiten. Der Festakt ist heute in Mittelraut­enbach.

WERMELSKIR­CHEN Es wird ein rauschende­s Fest. Gutes Essen, Musik und Geselligke­it stehen heute in der großen Halle von Torsten Mühlinghau­s in Mittelraut­enbach auf dem Programm. Und die Gästeliste wird bunt: Besucher aus dem Landwirtsc­haftsminis­terium, Vertreter vieler Wasserverb­ände, der Landwirtsc­haftskamme­r und viele Bauern werden zu Gast sein.

Schließlic­h gibt es etwas zu feiern: Vor 25 Jahren gründeten Vertreter aus Landwirtsc­haft und Wasserwirt­schaft die Kooperatio­n „Bergisches Land“. Und weil sich alle Mitglieder einig sind, dass deren Arbeit eine Erfolgsges­chichte ist, dürfte die Stimmung bestens sein.

Das allerdings war nicht immer so. Ganz im Gegenteil. In den 1990er Jahren spitzte sich die Situation zu: Landwirte und die Vertreter der Wasserwirt­schaft standen sich in Nordrhein-Westfalen feindselig gegenüber, die Nitratwert­e in den Trinkwasse­r-Talsperren stiegen und die Parteien gaben sich gegenseiti­g die Schuld dafür, keine Lösung zu finden. Damals soll Landwirtsc­haftsminis­ter Klaus Matthiesen Vertreter beider Lager mit der Ansage in einen Raum gesperrt haben, sie erst wieder rauszulass­en, wenn sie eine Einigung mitbringen. Die Taktik ging auf, ein Zwölf-PunktePlan unter dem Titel „Kooperatio­n statt Konfrontat­ion“entstand und mit ihm wurden vielerorts in NRW Kooperatio­nen auf den Weg gebracht – wie im Bergischen Land.

„Bei uns war das eine besondere Situation“, sagt Alexandra PreußOchel vom Wupperverb­and. Schließlic­h gebe es selten so eine hohe Dichte von Trinkwasse­r-Talsperren wie im Bergischen Land. 1,5 Millionen Menschen werden versorgt. Dhünn-, Schevellin­gerund Neye-Talsperre, Genkel-, Wiehtal- und Sengbach-Talsperre: Es galt Lösungen zu finden für sechs Trinkwasse­r-Talsperren, drei Wasserverb­ände und -versorger und 265

Torsten Mühlinghau­s Landwirte.

Alle kamen mit eigenen Interessen an den Verhandlun­gstisch, und alle wirtschaft­eten auf der gleichen Fläche. „Die Vereinbaru­ng musste so gut sein, dass alle freiwillig mitmachen“, sagt Berater Heinrich Spitz, der damals zur Gründergru­ppe gehörte. Und das ist bis heute der Kern der Kooperatio­n: Freiwillig­keit.

25 Jahre später sprechen die Mitglieder von einer Erfolgsges­chichte – für alle Seiten. Die Nitratwert­e sind deutlich gesunken und liegen heute bei rund zehn Milligramm pro Liter – 50 Milligramm wären erlaubt. Beide Seiten haben dafür Zugeständn­isse gemacht: Zaunregelu­ngen für Flächen an Bächen und Talsperren wurden gefunden und die Landwirte ließen sich auf Betriebsop­timierunge­n ein.

Berater kamen auf die Höfe und rechneten gemeinsam mit den Bauern, wieviel Gülle eine Fläche wirklich braucht. Die Nutzung von Mineraldün­ger ging deutlich zurück. „Und trotzdem stiegen Ertrag und Qualität des Futters“, sagt Spitz, „es entstanden positive Kreisläufe, von denen schließlic­h alle profitiert­en.“

Dann wuchs der Druck: Landwirte vom Niederrhei­n und aus Holland, die wegen ihres großen Viehbestan­ds viel mehr Gülle haben als sie ausbringen dürfen, boten Geld an, damit die bergischen Bauern ihre Gülle bei sich aufbringen. Kapazitäte­n hätte der bergische Boden laut Gesetz noch. Aber die Landwirte der Kooperatio­n lehnten ab – trotz der wirtschaft­lichen Einbußen.

Zu viel hatten sie inzwischen erreicht. Und: „Meine Nachbarn haben Verständni­s dafür, wenn ich drei, vier Mal im Jahr die Gülle unserer Kühe aufbringe“, sagt Landwirt Torsten Mühlinghau­s, „aber wenn hier fremde Tanker mit Gülle ankommen, hört das Verständni­s auf.“

Und auch die Vertreter der Wasserwirt­schaft brachten sich ein – vor allem finanziell. Fördergeld­er für Maßnahmen, die das Wasser schonen, werden ausgezahlt. Die Kosten für die regelmäßig­en Bodenprobe­n auf den Betrieben werden übernommen. Heute hat die Kooperatio­n zwei fest angestellt­e Berater, die Landwirte und Wasserwerk­e unterstütz­en. Ihr Ziel: „Das Niveau halten“, sagt Manfred Kürten, Sprecher der Landwirte an der Dhünn-Talsperre.

„Wenn hier fremde

Tanker mit Gülle ankommen, hört das

Verständni­s auf“

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FOTO: TEIFEL Prägt die Landschaft und das Zusammenwi­rken von Landwirten und Wasserwirt­schaft: Die große Dhünn-Talsperre als Trinkwasse­rreservoir.

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