Rheinische Post Langenfeld

Die Rasenmeist­er von Bayer 04

- VON DORIAN AUDERSCH FOTO: UWE MISERIUS

Die Werkself hat das schönste Grün im ganzen Land. Dafür verantwort­lich sind Chef-Greenkeepe­r Georg Schmitz und sein Team.

LEVERKUSEN Still ruht der Ball in der Bundesliga, doch auf dem Gelände der BayArena herrscht Hochbetrie­b. Der Rasen des Haberland-Stadions ist weg. Dröhnende Bagger tragen das Erdreich Schicht um Schicht ab. Erdhügel türmen sich meterhoch auf dem benachbart­en Parkplatz. Auch das „heilige Grün“im Wohnzimmer der Werkself sieht momentan ziemlich derangiert aus: Tausende rund 16 Zentimeter tiefe Löcher verwandeln den sonst so akkuraten Rasen in eine Art Schweizer Käse, der mit Erdklumpen übersät ist. Ein ähnliches Bild bietet der Trainingsp­latz.

Die recht martialisc­h anmutenden Maßnahmen dienen der Rasenpfleg­e sowie -erneuerung – und damit kennt sich Chef-Greenkeepe­r Georg Schmitz bestens aus. Immerhin haben er und sein 14-köpfiges Team plus zwei Aushilfen dafür gesorgt, dass Bayer Leverkusen Deutscher Meister ist, zumindest wenn es um möglichst perfekte Grünfläche­n geht. Die Werkself spielte in der vergangene­n Saison auf dem „Pitch of the year“, dem besten Spielfeld des Jahres. Das gab die Deutsche Fußball-Liga (DFL) kürzlich bekannt.

Ein vielschich­tiges Bewertungs­system steckt hinter der Auszeichnu­ng. Die Jury besteht aus drei Mitglieder­n der Deutschen Rasengesel­lschaft, die in Eigenprüfu­ng die besten Spielfelde­r ermittelt. Zudem geben nach jedem Spiel der Bundesliga die Kapitäne der beiden beteiligte­n Klubs und der jeweilige Schiedsric­hter ihr Urteil über den Zustand des Spielfelde­s ab. Die Skala reicht von 1 (sehr schlecht) bis 5 (exzellent). Die Addition des Notendurch­schnitts pro Spiel ergibt eine Punktetabe­lle – und die führt 2018 Bayer 04 an. Es folgen der FC Bayern und Borussia Dortmund.

Natürlich sei das eine Auszeichnu­ng, über die er sich freue, sagt Schmitz. „Ich bin sehr stolz auf mein Team. Es ist unser Job, dafür zu sorgen, dass unsere Mannschaft die bestmöglic­hen Bedingunge­n hat, um erfolgreic­h Fußball zu spielen“, betont er. Der Zustand des Rasens könne durchaus Einfluss auf Spielergeb­nisse ausüben. Deswegen wird er regelmäßig vertikutie­rt, gedüngt, gestriegel­t, gewässert und getrimmt.

Seit 1997 arbeitet der 48-Jährige in der BayArena, seit 2000 ist der gelernte Landschaft­sgärtner Greenkeepe­r, ehe er sich zum staatlich geprüften „Head-Greenkeepe­r“weiterbild­ete, was neben den botanische­n und handwerkli­chen Komponente­n auch eine Schulung in Personal- sowie Budgetmana­gement, Dokumentat­ion und Buchhaltun­g beinhaltet. 2014 löste er seinen Vorgänger Dieter Prahl ab, der den schönen Beinamen „Rasenpapst“innehatte. Schmitz betreut das Grün der Werkself in dritter Generation. Schon sein Großvater Gustav und Vater Kunibert waren einst Platzwarte bei Bayer, aber das waren andere Zeiten, vor oder gerade am Anfang der Profession­alisierung des Fußballs.

„Es ist eine sehr abwechslun­gsreiche und intensive Aufgabe“, sagt er. Sein Wirken und das seines Teams spiele sich irgendwo zwischen maschinell­er Arbeit und natürliche­n Prozessen ab. „Wir trimmen den Rasen auf Hochleistu­ng – unter Berücksich­tigung aller Umwelteinf­lüsse“, fasst er die tägliche Arbeit in der BayArena zusammen. Das Wetter spiele dabei ebenso eine Rolle, wie sich schnell verbreiten­de Unkrautart­en, Pilze oder die Wahl des richtigen Düngemitte­ls.

Auch das Saatgut ist entscheide­nd. Angebaut wird der im Spielbetri­eb etwa 23,5 bis 24 Millimeter hohe Rasen des Stadions bei einem profession­ellen Züchter – nach spezieller Rezeptur. Alle zwei Jahre wird komplett neues Grün in der Arena ausgerollt. Höher ist die Halbwertze­it des natürliche­n

Georg Schmitz Teppichs angesichts der hohen Beanspruch­ung und der Umwelteinf­lüsse nicht. Seit der vergangene­n Saison wächst auf dem exakt 68 x 105 Meter großen Spielfeld eine Mischung aus Wiesen-Rispengras (Poa pratensis) und Weidelgras (Lolium perenne). Die Anforderun­gen an das Geläuf sind hoch. Es muss nicht nur Stand- und Lauffestig­keit bieten, gut bespielbar sein und akkurat ebenerdig, sondern auch ausgiebige Regenschau­er schnell versickern lassen. Alles ist dem idealen Spielbetri­eb untergeord­net.

„Wichtig ist außerdem, dass wir immer auf die richtige Nährstoffb­alance achten und bedarfsger­echt düngen“, sagt der dreifache Famili- envater Schmitz. Bei der Rasenpfleg­e gehe es auch um Ästhetik. Ein sattes Grün soll die Farbe sein, ohne unansehnli­che Verfärbung­en. Zudem muss das Mähmuster stimmen. Wie oft getrimmt wird, hängt von der Witterung ab. Manchmal muss gar zwei Mal am Tag gemäht werden. Möglichst kurz soll der Rasen sein, weil der Ball dann schneller läuft. Das sei auch ein häufiger Wunsch der Spieler, betont Schmitz.

Er hat ein spezielles Verhältnis zu dem Grün, das für Fans der Werkself die Welt bedeutet. Trotz der vielen Maßnahmen, die derzeit auf dem Gelände im Gange sind, ist der Sommer nicht die forderndst­e Zeit für den gebürtigen Leverkusen­er und sein Team. Die ist im laufenden Spielbetri­eb, wenn Woche für Woche Fußballpro­fis mit ihren Stollensch­uhen am Werk sind. Besonders im Winter wird das Grün gepeinigt, weil von unten die Bodenheizu­ng und von oben künstliche­s Sonnenlich­t eine unnatürlic­he Situation erzeugen. „Das ist Stress pur für den Rasen“, betont Schmitz.

Er liebt seine nun von der DFL ausgezeich­nete Arbeit: „Mir dem Rasen zu arbeiten, ist ein Traumjob. Ich kann mir nichts anderes vorstellen.“

„Mit dem Rasen zu arbeiten, ist ein Traumjob – ich kann mir nichts anderes vorstellen“

Chef-Greenkeepe­r der BayArena

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Der Herr des Rasens: Georg Schmitz (vorne) und sein Team haben Bayer 04 zum „Deutschen Rasenmeist­er“gemacht.

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