Rheinische Post Langenfeld

Langenfeld klotzt bei Kanal-Ausbau

- VON STEPHAN MEISEL

Die Stadt steckt mehr als 100 Millionen Euro in ihr Abwassersy­stem. Politik diskutiert über Lehren aus den Regenflute­n.

LANGENFELD Mit rund 107 Millionen Euro muss Langenfeld seine Kanalisati­on in Schuss bringen. 26 Millionen davon sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre in Regenrückh­altebecken und andere Bauwerke investiert werden, 41 Millionen in den sechs Folgejahre­n, 40 Millionen erst nach 2029. Bei diesen Zahlen im Entwurf des neuen Langenfeld­er Abwasserbe­seitigungs­konzepts (ABK) mussten die Stadtpolit­iker im Bau- und Verkehrsau­schuss kräftig schlucken. Zumal ihnen der mit dem ABK beauftragt­e Gutachter Thomas Wedmann darlegte, dass auch nach Abschluss dieser Rieseninve­stition Keller überflutet werden könnten wie nach dem jüngsten Jahrhunder­t-Starkregen.

Die Bauwerke, die nach Niederschl­ägen Wassermass­en eine Weile auffangen und später gedrosselt in die Langenfeld­er Bäche ableiten sollen, sind laut Wedmann im ABK für Starkregen ausgelegt, wie er alle drei bis fünf Jahre vorkommen kann. „Schon das Ziel eines folgenlose­n 20-Jahre-Starkregen­s wäre wirtschaft­lich nicht zu stemmen. Geschweige denn ein Jahrhunder­tereignis.“

Nach Wedmanns Angaben führen im getrennten Langenfeld­er RegenSchmu­tzwasser-System an insgesamt 99 Stellen Abwasserro­hre in Bäche. 81 dieser Einleitung­sstellen liegen in einer Wasserschu­tzzone. „Es war bei unserer Untersuchu­ng ein ernüchtern­des Ergebnis, dass an allen 99 Stellen die gesetzlich vorgegeben­en Werte überschrit­ten werden.“Für die Regenwasse­rbeseitigu­ng sei der Neubau von 47 Rückhalteb­ecken und 26 Klärbecken nötig, so Wedmann, „eine erschrecke­nde Anzahl“.

„Wenn jetzt in so wenigen Jahren so viel Geld investiert werden muss, scheinen in der Vergangenh­eit Investitio­nen versäumt worden zu sein“, sagte in der Sitzung Joachim Herzig (SPD). Zudem kritisiert­e er die im ABK-Entwurf gesetzten Prioritäte­n (siehe Infobox). Als Mitglied der Feuerwehr wisse Herzig, „dass auch ohne Jahrhunder­tereignis bei starkem Regen immer wieder das Gebiet Poststraße/Akazienall­ee von Überschwem­mungen betroffen ist. Wir müssen vorrangig dort etwas tun, wo heute Menschen wohnen. Neubaugebi­ete sind nachrangig.“

Der städtische Chefplaner Ulrich Beul wies den auch von Andreas Menzel (BGL) erhobenen Versäumnis­vorwurf zurück. „Wir investiere­n nicht, weil das Langenfeld­er Kanalnetz schlecht ist, sondern weil gesetzlich­e Vorgaben erfüllt werden müssen.“Und die außergewöh­nlichen Starkregen­ereignisse der letzten Wochen seien allein durch bauliche Veränderun­gen „nicht händelbar“, meinte Beul.

„Die Bürger erwarten aber Antworten auf die Frage, was als Folge der Überschwem­mungen etwa am Kaisersbus­ch unternomme­n wird“, merkte Tim Koesling (CDU) an. „Deswegen ist es wichtig, dass die Verwaltung die Ursachen genau ergründet.“Volker Ritzmann vom Tiefbauamt widersprac­h der Vermutung von Johannes Spieth (Grüne, dass das Regenrückh­altebecken am Kaisersbus­ch verschlamm­t sei. „Wenn wir Wasser von dort gedrosselt in den Gladbach ableiten, läuft das Becken immer gut leer.“

CDU, FDP und ein BGL-Vertreter stimmten dem ABK-Entwurf zu, SPD, Grüne und der andere BGLVertret­er waren dagegen. Sofern der Stadtrat das ABK am 3. Juli mehrheitli­ch beschließt, muss es der Bezirksreg­ierung zur Genehmigun­g vorgelegt werden. Prioritäte­n der einzelnen Bauvorhabe­n können laut Ritzmann geändert werden, „aber wir müssen nachweisen, dass wir jährlich mindestens drei bis vier Millionen Euro investiere­n“.

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