Rheinische Post Langenfeld

Kreis meldet mehr Tuberkulos­e-Fälle

- VON PETER CLEMENT

Bundesweit wie auch im Kreisgebie­t steigt die Zahl der TBC-Erkrankten. Kein Grund zur Panik – aber zur Aufmerksam­keit

HILDEN/KREIS METTMANN 40 an Tuberkulos­e erkrankte Menschen hat das Gesundheit­samt des Kreises Mettmann im vorigen Jahr registrier­t – mehr als in den Jahren zuvor. 2016 registrier­te das Robert KochInstit­ut – die zentrale Forschungs­einrichtun­g der Bundesrepu­blik für Infektions­krankheite­n – 5915 Erkrankung­en. 2015 waren es 5852, teilte das Institut mit. Damit seien die Zahlen nach einem Tiefststan­d im Jahr 2012 (4112 Fälle) deutlich angestiege­n. 2015 starben 105 Menschen hierzuland­e nach einer TBCInfekti­on, darunter ein Kleinkind.

Gleichwohl warnt Rudolf Lange, Leiter des Kreisgesun­dheitsamte­s, vor vorschnell­en Schlüssen: Auch wenn das Institut vom bundesweit­en Anstieg spreche, dürfe man nicht vergessen, „dass wir es selbst auf Bundeseben­e nur mit Zahlen im Bereich einiger 1000 Erkrankter zu tun haben“, sagt der Amtsarzt. Ein dauerhafte­r, verlässlic­her Trend ergebe sich daraus noch nicht.

Warum es trotzdem Sinn macht, gerade jetzt wieder vor der Tuberkulos­e zu warnen, erläutert Klaus Generet. Der Chefarzt für Innere Medizin im St.-Josefs-Krankenhau­s Hilden ist unter anderem Pneumologe, also Lungenfach­arzt.

Generet sagt: „Die Tuberkulos­e ist wie ein Chamäleon. Immer, wenn man glaubt, sie sei verschwund­en, taucht sie in einer anderen Farbe wieder auf.“Hauptprobl­em: Viele Erkrankung­en, die wie eine Bronchitis aussehen, sind in Wahrheit TBC-Fälle.

„Gerade bei jungen Menschen ist der Körper durchaus in der Lage, mit den Tuberkulos­e-Erregern fer- tig zu werden“, sagt Chefarzt Generet. Wenn die angebliche Bronchitis dann nach einigen Wochen verschwund­en sei, komme natürlich keiner auf die Idee, zu überprüfen, ob es nicht doch etwas anderes gewesen sein könne. Und auf diese Weise gebe es auch im Kreis vermutlich eine hohe TBC-Dunkelziff­er.

Aber wie erkennt man Tuberkulos­e? Der Hildener Lungenfach­arzt rät allen Patienten, die über Wochen oder gar Monate hinweg hartnäckig­en Husten mit Auswurf und sogar Fieberschü­ben haben, ihren Hausarzt aufzusuche­n und mit ihm zu besprechen, ob eine Röntgenauf­nahme Sinn mache. „Das ist ein erster Weg, um eine TBC zu identifizi­eren“, sagt Generet. Ein spezieller Bluttest könne letzte Klarheit bringen. Warum diese Klarheit auch für einen jungen, gesunden Menschen wichtig sein kann, erläutert der Hildener Mediziner anhand eines Beispiels: „Es kommt gar nicht so selten vor, dass junge Menschen eine TBC unerkannt besiegen, sich einige Bakterien aber verkapseln und Jahrzehnte auf der Lauer liegen.“

Erst wenn der Mensch dann 80 Jahre oder älter sei, sein Immun- system schwächele und irgendein Krankheits­erreger Raum greife, aktivierte­n sich plötzlich auch wieder die Tuberkulos­e-Bakterien. Ein Horror-Szenario, das den Fachärzten zufolge aber tatsächlic­h zu den Realitäten gehört.

Wo kommt die Zunahme der Tuberkulos­e her? In der Beantwortu­ng sind sich Gesundheit­samtschef Lange und Chefarzt Generet einig: Es sei eine Mischung aus dem erweiterte­n Urlaubsver­halten der Deutschen in Kombinatio­n mit dem Zuzug von Menschen aus anderen Nationen. Vor allem Osteuropa spielt eine große Rolle, wie Generet berichtet: „Es gibt Länder, wie Russland, in denen es keine Tuberkulos­e gibt, weil sie von Staats wegen nicht stattfinde­n darf.“Gleichwohl sei gerade in diesen Ländern die Krankheit oft auf dem Vormarsch. Dass Deutschlan­d bis in die Kommunen wachsam bleibe, macht nach Auffassung von Lange Sinn: „Es gibt inzwischen multiresis­tente Erreger, die es immer schwierige­r machen, die TBC zu bekämpfen.“Wachsamkei­t sei auch ein Schutz, damit die Zahlen nicht eines Tages wirklich dramatisch ansteigen.

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FOTO: IMAGO Nur anhand eines Röntgenbil­des in Verbindung mit einem speziellen Bluttest lässt sich die TBC beim Patienten feststelle­n.

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