Rheinische Post Langenfeld

EIN SELBSTVERS­UCH IM FITNESS-STUDIO (FOLGE 1)

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Wenn mein Computer die Richtung vorgibt

Angefangen hat alles irgendwann im Mai. Ich bin mit meinem Ausdauer-Training nicht mehr zufrieden und habe irgendwie das Gefühl, dass ich so auch nicht mehr weiterkomm­e. Also setze ich mich mit meinem Trainer im Sportpark Landwehr/Hilden zusammen – und Kim Steinigans hat natürlich eine Idee. Erst mal setzen wir alles auf null. Dann fragt er mich: Was willst du eigentlich erreichen? Spontane Antwort: Am Ende des Jahres wieder vernünftig zehn Kilometer am Stück laufen können. Er braucht nicht lange, bis er einen Vorschlag für mich hat: „Ich möchte, dass du mit Brustgurt und Uhr läufst. Wir müssen dein Training strukturie­ren.“Klar: Das Programm soll mir der Computer vorgeben. Niemals, denke ich.

Ich sehe direkt Kosten auf mich zukommen. Und wenn ich feststelle, dass der Plan nichts für mich ist? Kim hat die Lösung: „Wir leihen dir ein Gerät. Du kannst es in den nächsten vier Wochen testen. Dann siehst du weiter.“Einen Tag später bringt er mir meine neue Ausrüstung: Trainingsc­omputer, Brustgurt, Verbindung­skabel zum Rechner. Gemeinsam geben wir ein, was ich am 31. Dezember 2018 können will. Und ein paar Sekunden später sehe ich meinen genau ausgetüfte­lten Plan vor mir, präzise aufgeliste­t für die kommenden Monate. Plötzlich habe ich Lust darauf – aber etwas anderes total unterschät­zt: Ich bin einfach kein „Digital Native“und werde naturgemäß auch keiner mehr werden.

Gurt um die Brust, Uhr ans Handgelenk, alleine aufs Laufband. Hier eine Taste drücken, da einen Knopf bedienen: Nichts passiert. „Du schaffst das“, hatte mir Kim versproche­n. Ein paar Minuten später muss ich ihn doch bitten, mir zu helfen. Er hat sich Mühe gegeben und natürlich hat es dann auch funktionie­rt. Ich bekomme mein lockeres Joggen für 30 Minuten hin. Der Computer piept nicht, weil ich mich genau in der moderaten vorgesehen­en Herzfreque­nz-Zone aufhalte. Das unterstütz­ende Krafttrain­ing am Tag darauf geht mir trotzdem leichter von der Hand. Kein Wunder: War das alte Programm, bei dem jeder Handgriff sitzt.

Dann werde ich mutig. Für den 40-Minuten-Intervall-Lauf will ich mich alleine durch Berghausen wagen. Logisch: Nichts klappt, wie ich es will. Ich habe mich im Computer am Handgelenk wieder ins falsche Untermenü verirrt. Um mich nicht völlig zu blamieren, trabe ich aber durchs Dorf, fünf Kilometer immerhin in einem ruhigen Tempo. Gestern Morgen sollen es wieder 30 Minuten lockeres Joggen sein. Erstaunlic­h: Ich bin auf den nächsten Crash vorbereite­t, doch diesmal übertreffe ich mich wohl selbst. Mein Computer setzt sich exakt so in Gang, wie das gedacht war. Meine Herzfreque­nz ist im perfekten Bereich.

„Du schaffst das“, wiederholt Kim zufrieden. Er ist erst 24, weiß allerdings sehr genau, wovon er spricht. Ich vertraue ihm. Kim ist „Bachelor oft Arts“für Gesundheit­s-Management und hat bereits mit 19 angefangen, im Sportpark zu arbeiten. Wenn er mich anleitet, sprechen wir nebenbei übrigens oft über Fußball, denn er spielt beim TSV Aufderhöhe in der Bezirkslig­a. Weil das so ist, muss ich übers Wochenende ohne ihn auskommen: Mein Trainer ist den Teamkolleg­en nach Mallorca nachgeflog­en. Vorher haben wir eine Vereinbaru­ng getroffen: Wir ziehen das durch. In den kommenden vier Wochen werde ich an dieser Stelle berichten, wie es mit mir und dem Training weitergeht. Ich hoffe, dass bald ein Fortschrit­t zu spüren ist. Vielleicht werden mein kleiner Computer und ich am Ende sogar Freunde. Michael Deutzmann

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