Hartes Ringen vor Flüchtlingsgipfel
Bundesinnenminister Seehofer (CSU) warnt die Kanzlerin, ihn zu entlassen.
BERLIN/BRÜSSEL (dpa) Das Asyltreffen mehrerer Staats- und Regierungschefs am Wochenende in Brüssel soll nach Protest aus Italien ohne gemeinsame Erklärung enden. Regierungschef Giuseppe Conte erklärte am Donnerstag auf Facebook, Kanzlerin Angela Merkel habe ihm zugesagt, dass der Entwurf der Erklärung „beiseite gelegt“werde. „Das Treffen wird nicht mit einem geschriebenen Text abschließen“, so Conte. Der Gastgeber des Brüsseler Treffens, EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, hatte eigentlich eine vierseitige Erklärung der Teilnehmer angepeilt.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) warnte Merkel unterdessen scharf davor, ihn zu entlassen. „Wenn man mit dieser Begründung einen Minister entließe, der sich um die Sicherheit und Ordnung seines Landes sorgt und kümmert, wäre das eine weltweite Uraufführung. Wo sind wir denn?“, erklärte Seehofer im Interview mit der „Passauer Neuen Presse“. Die Kanzlerin steht unter heftigem Druck, weil die CSU bis Monatsende Fortschritte bei der Zurückweisung von Migranten erwartet. Doch die Vorzeichen dafür sind schlecht.
Auch aus Osteuropa und aus der CSU bläst Merkel weiter heftiger Gegenwind ins Gesicht. Die vier Visegrad-Staaten (Ungarn, Polen, Tschechien, Slowakei) werden dem Asyl-Gipfel fernbleiben. „Wir fahren nicht“, sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán nach einem Treffen der mitteleuropäischen Staatengruppe mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das einzige Forum, das zu Entscheidungen in der Migrationsfrage befugt sei, sei der Europäische Rat der Staatsund Regierungschefs, der eine Woche später tagt. „Wir verstehen, dass es Länder gibt, die mit innenpolitischen Problemen ringen, aber das darf zu keinen gesamteuropäischen Panikhandlungen führen“, unterstrich Orbán wohl mit Blick auf Deutschland.
Zu dem Treffen am Wochenende werden derzeit neben Merkel die Staats- und Regierungschefs von Österreich, Italien, Frankreich, Griechenland, Bulgarien, Spanien, Malta, Belgien, Dänemark und den Niederlanden erwartet.
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