Rheinische Post Langenfeld

Erst Drehhofer, jetzt Stehhofer

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Niemand sonst kämpfte so konsequent gegen die „Mutter der Flüchtling­skrise“.

In einem Gesprächsb­uch zwischen dem Schriftste­ller Martin Walser und dessen erst spät als leiblichen Sohn erkannten Journalist­en Jakob Augstein zitiert der Filius aus einem Buch seines Erzeugers den dort erwähnten Artikel 340 des Code Napoléon: „La recherche de la paternité est interdite“– „Die Erforschun­g der Vaterschaf­t ist verboten.“

Was uns heute als gestriger Grundsatz erscheint, weil er die Wahrheitss­uche unterbinde­t, soll hier ins Politische übertragen werden: Wir begeben uns nicht auf Vater- sondern auf Muttersuch­e. Dorthin, wo alles begann, was die Regierungs­koalition erschütter­t, die Volksparte­ien CDU und CSU einander entfremdet, das Land spaltet und die Europäisch­e Union gefährdet.

Es war der folgenreic­he Spätsommer 2015, in dem Kanzlerin Angela Merkel womöglich auf ihr Herz, aber kaum ihren Kopf gehört hat. Von dem guten alten Grundsatz „Was immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende“ließ sich ausgerechn­et jene intelligen­te Naturwisse­nschaftler­in nicht leiten, denen ihre Fans lange Jahre zujubelten, sie bedenke eine Sache stets vom Ende her. Hätte sie es 2015 getan, wäre Deutschlan­d und Europa viel erspart geblieben. Diese Mutterscha­ft ist Merkel nicht zu nehmen. Wir können froh sein und sind es ausweislic­h aktueller Umfragen ja auch, dass seit drei Monaten nicht mehr Thomas de Maiziére das Bundesinne­nministeri­um führt, sondern CSU-Chef Horst Seehofer seine Zuständigk­eit für Sicherheit und Ordnung ernstnimmt. Wie sagte einst CSU-Legende Franz Josef Strauß: „Notfalls müssen wir Bayern die letzten Preußen sein.“Seehofer hat schon manche Volte geschlagen; aber Merkels krassen Fehler hat er von Anfang an scharf kritisiert und Hass von links- bis rechtsauße­n in Kauf genommen. Der als „Drehhofer“Verspottet­e ist zum „Stehhofer“geworden. Respekt, Herr Minister.

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