Euro-Länder lassen Griechenland frei
Das dritte und letzte Rettungsprogramm soll im August auslaufen. Deutschland und andere Euro-Länder haben mit ihren Milliardenhilfen Zinsgewinne erwirtschaftet, die Athen jetzt ausgezahlt werden sollen.
BERLIN Griechenland soll ab Mitte August finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen und erhält dafür von den übrigen Euro-Ländern eine ansehnliche Mitgift: Athen soll unter anderem Zinsgewinne ausgezahlt bekommen, die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) nach deren Ankauf griechischer Staatsanleihen entstanden sind und die eigentlich den Euro-Ländern zustehen. Zudem gewährt die Euro-Gruppe Griechenland nochmals Schuldenerleichterungen. Als Sicherheitspolster für die Zukunft überweist der Euro-Rettungsschirm ESM zudem eine letzte Hilfskredit-Tranche von zehn bis zwölf Milliarden Euro. Dieses Geld soll Athen beiseite legen, falls es in den kommenden Jahren bei der Refinanzierung am Kapitalmarkt Schwierigkeiten gibt.
Mit diesen Maßnahmen wollen die Finanzminister der Euro-Gruppe sichergehen, dass Griechenland nach dem Ende des dritten Rettungspakets nicht erneut in eine Schieflage gerät und damit den Euro als Ganzes gefährdet. Das Ende des Rettungsprogramms bedeutet eine Zäsur: Acht Jahre nach dem Beginn der Griechenland-Hilfe kann das Euro-Mitglied wieder aus der Kontrolle durch die Geldgeber entlassen werden. Allerdings erwarten diese, dass Athen im Gegenzug für die Mitgift am Reformprozess festhält. Ein bisschen Kontrolle bleibt also.
Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland aus den Milliardenhilfen zur Rettung Griechenlands seit 2010 Zinsgewinne in Höhe von 2,9 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Dabei geht es um Ausschüttungen der EZB an die Bundesbank in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die diese wiederum an den Bund abgeführt hat. Die EZB erzielte die Gewinne, weil sie zwischen 2010 und 2012 griechische Staatsanleihen am Kapitalmarkt gekauft hatte, um die Zinsen im Euro-Raum zu drücken. Die Anleihen sind nach wie vor in den EZB-Büchern und relativ hoch verzinst. Die Bundesbank als Anteilseignerin der EZB erhält die Zinsgewinne jährlich ausbezahlt. Weitere 400 Millionen Euro erwirtschaftete die Förderbank KfW, weil Deutschland Griechenland in den Anfangsjahren der Krise bilaterale Kredite gewährt hatte.
Die EZB-Zinsgewinne waren schon in manchen früheren Jah- ren an Griechenland weitergereicht worden. Am Donnerstagabend beriet die Euro-Gruppe der Finanzminister über einen Vorschlag, diese Praxis nun für die Jahre 2017 und folgende wieder aufzunehmen. Solche Gewinne seien den Griechen „lange Zeit zur Verfügung gestellt worden“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Die Finanzminister würden diskutieren, „wie dies
wieder der Fall sein kann als Teil der Entwicklung für die Zukunft“.
Zu den Hilfen, die Griechenland mit auf den Weg gegeben werden, gehört vor allem eine letzte Tranche aus dem 86-Milliarden-Euro-Rettungsprogramm. Es ist bislang nur etwa zur Hälfte ausgeschöpft. Deshalb sehen die Finanzminister Spielraum, Griechenland eine letzte Finanzspritze von zehn bis zwölf Milliarden Euro als Liquiditätspolster zu gewähren. Zudem soll der Tilgungsbeginn bereits ausgereichter Hilfskredite nochmals um etwa zehn Jahre in die spätere Zukunft verschoben werden. Für die Kredite der Euro-Geldgeber bedeutet dies, dass Griechenland erst ab Mitte der 2030er Jahre mit der Rückzahlung beginnen muss. Auch wollen die Geldgeber auf eine bereits vereinbarte Zinsanhebung verzichten.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) bleibt diesmal außen vor. Vor allem die Bundesregierung hat ihr Ziel aufgegeben, den Fonds finanziell weiter an Bord zu halten.