EU-Gericht rügt Gülle-Einsatz
Sauberes Leitungswasser herzustellen, wird immer teurer, weil Bauern die Felder überdüngen. Der EuGH verurteilt den Bund zu Nachbesserungen.
BRÜSSEL (dpa/rtr) Deutschland hat bis mindestens 2017 gegenen EU-Vorschriften zum Schutz von Gewässern verstoßen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gab nun der EU-Kommission recht, die Deutschland eine Verunreinigung von Gewässern mit Nitraten vorwarf und deshalb geklagt hatte. Mit dem Urteil ist keine Strafe verbunden. Nitrat wird vor allem in der Landwirtschaft zur Düngung von Äckern eingesetzt. Deutschland hat zwar bereits mit einer neuen Düngemittelverordnung reagiert, die den EU-Vorgaben entsprechen soll. Umweltschützer halten sie aber für unzureichend, die EU prüft noch.
Wenn Nitrate in Seen gelangen, fördern sie dort das Algenwachstum. Ab einer bestimmten Menge kann dadurch das Ökosystem des Gewässers kippen. Zudem sind Nitrate ab einer bestimmten Konzentration im Trinkwasser auch schädlich für die menschliche Gesundheit. Im Trinkwasser werden die Grenzwerte bis auf wenige Einzelfälle eingehalten, man kann es bedenkenlos trinken. Anders ist es beim Grundwasser. An 28 Prozent der Messstellen in Deutschland wurden laut einem Bericht von 2016 mehr als 50 Milligramm Nitrat gemessen. Und Grundwasser ist das wichtigste Reservoir für Trinkwasser. Wenn es zu viel Nitrat enthält, müssen Wasser- versorger es filtern oder verdünnen, oder die Brunnen müssen tiefer werden. Das ist teuer, letztlich für die Verbraucher, denn es drohen höhere Wasserpreise. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft gehört zu den drängendsten Mahnern, das Düngen einzuschränken.
Ein Grund für die Überdüngung ist die intensive Tierhaltung. Die daraus anfallende Gülle wird auf die Felder ausgebracht. Strengere Dünge-Regeln zwingen die Bauern aber zu einem hohen Aufwand, wie zum Bau von Becken. Dort wird die Gülle in wachstumsarmen, kalten JahresZeiten gespeichert. Zudem drohen geringere Erträge. Dadurch können die Preise der heimischen Lebensmittel steigen.
„Mit der neuen Düngeverordnung soll sichergestellt werden, dass Nährstoffverluste in die Um- welt so weit wie möglich verhindert werden“, sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Die Verordnung leiste einen wesentlichen Beitrag, um die Belastungen im Grundwasser zu senken. Experten zweifeln die deutschen Maßnahmen allerdings an. Deutschland habe auch dann keine Maßnahmen zum Schutz der Gewässer ergriffen, als deutlich wurde, dass die EU-Vorgaben nicht eingehalten wurden, kritisierten die Richter in Luxemburg.
Umweltverbände sehen sich durch das Urteil bestätigt. Die Bundesregierung habe dafür gesorgt, dass sich Umweltschutz für Bauern nicht lohne. So warf etwa der Naturschutzbund Klöckner vor, sich gegen einen Systemwechsel hin zu einer umweltverträglicheren Landwirtschaft zu sperren. Der Deutsche Bauernverband erklärte dagegen, Deutschland habe mit der neuen Düngeverordnung weitreichende Anforderungen an den Gewässerschutz geschaffen.