Rheinische Post Langenfeld

Polizei will Polizeiges­etz entschärfe­n

- VON THOMAS REISENER

Die Rollen in dem Streit in NRW sind anders verteilt, als häufig behauptet wird.

DÜSSELDORF CDU und Polizei als Scharfmach­er, FDP und Opposition als warnende Bremser – so werden öffentlich die Rollen im Streit um ein schärferes Polizeiges­etz wahrgenomm­en, das Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) vorbereite­t. Aber beim Blick hinter die Kulissen stellt sich die Rollenvert­eilung ganz anders dar.

„Der Entwurf geht zu weit“, sagte am Freitag Michael Mertens. Selbst der Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) findet zentrale und auch von externen Experten bereits angemahnte Korrekture­n an Reuls Entwurf„angemessen“, wie er unserer Redaktion sagte. Konkret meint auch Mertens, dass die vorgesehen­e Ausweitung des Unterbindu­ngsgewahrs­ams für terroristi­sche Gefährder von derzeit 48 Stunden auf künftig 30 Tage problemati­sch ist. „Ich könnte auch mit zwei Wochen leben“, so Mertens.

Reul will die Polizei in seinem bisherigen Entwurf außerdem bereits bei„drohender Gefahr“zu umfangreic­hen Maßnahmen ermächtige­n. „Das muss genauer definiert werden“, fordert Mertens. Und schließlic­h kritisiert er, dass Reuls Pläne zur Telekommun­ikations-Überwachun­g in der bisherigen Form zu weit gehen.

Bekanntlic­h geht auch die FDP auf Distanz. Der Fraktionsv­orsitzende Christof Rasche will den umstritten­en Begriff der „drohenden Gefahr“allenfalls eingeschrä­nkt angewendet wissen. Auch bei den anderen von Mertens kritisiert­en Punkten steht Rasche eher auf der Bremse als bei den Scharfmach­ern. Schließlic­h fürchtet die FDP um ihre Anhänger aus dem libera- len Bürgerrech­ts-Spektrum. Alte liberale Granden wie Gerhart Baum und Burkhard Hirsch haben werbewirks­am sogar mit einer Verfassung­sklage gegen Reuls Gesetzentw­urf gedroht.

Aber wie glaubwürdi­g ist das? Unionspoli­tiker sprechen von „FDP-Bürgerrech­ts-Folklore“und verweisen genüsslich darauf, dass die Liberalen den jetzt von ihnen kritisiert­en Gesetzentw­urf selbst mit unterschri­eben haben. Der stellvertr­etende Ministerpr­äsident Joachim Stamp (FDP) räumt auf Nachfrage zur besonders umstritten­en Ausdehnung des Unterbindu­ngsgewahrs­ams sogar ein:„30 Tage waren der ausdrückli­cheWunsch von mir.“

Die Rollenvert­eilung im Streit um mehr Rechte für die Polizei ist also anders, als viele glauben. Faktisch rudern CDU, FDP und auch die Polizei synchron zurück.

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