Was Sie für das Schweden-Spiel wissen müssen
Für die deutsche Mannschaft geht es um nicht weniger als den WM-Verbleib. Wir beantworten die wichtigsten Fragen vor der Partie.
SOTSCHI 15 Minuten Einblick ins Training der Nationalmannschaft gestattet die Fifa. Mehr nicht. Das reicht allerdings, schrecklichen Dehnübungen der Torhüter beizuwohnen. Und es reicht für eine mittlere Sensation: Mesut Özil beim Lächeln zu erleben. Doch, der Mittelfeldspieler hat tatsächlich gelächelt. Vielleicht wird jetzt alles gut im zweiten WM-Gruppenspiel gegen die Schweden (Samstag, 20 Uhr). Die wichtigsten Themen vor der Partie:
1 Worum geht‘s?
Klare Antwort: um alles. Das Projekt Titelverteidigung steht nach dem bestürzenden Auftritt gegen Mexiko (0:1) auf dem Spiel. Brav haben Bundestrainer Joachim Löw, Teammanager Oliver Bierhoff und die Spieler bestätigt, dass sie einen schönen Mist zusammengespielt und sich dadurch selbst unter Druck gebracht haben.„Jetzt haben wir nur noch Endspiele“, sagt Thomas Müller. Stimmt. Eine Niederlage, und das war’s mit der WM.
2 Was muss besser werden? Ebenfalls klare Antwort: fast alles. Gegen die Mexikaner stimmte vor allen Dingen in der ersten Halbzeit gar nichts. Die Ordnung nicht, das Tempo nicht, die Bereitschaft zu jenen „übermenschlichen Anstrengungen“nicht, die Löw in derVorbereitung verheißen hat. „Wir müssen mannschaftstaktisch harmonischer werden“, erklärt Stürmer Mario Gomez. Anders ausgedrückt: Es geht ums kleine Einmaleins des Mannschaftssports.
3 Wird es Umstellungen geben? Fast sicher in der Abwehr, wo Mats Hummels wegen einer Halswirbelblockade auszufallen droht. Doch auch anderswo – selbst wenn Sami Khedira in dieser Woche selbstbewusst Werbung für sich betreibt, indem er feststellt: „Es geht nicht ums Personal.“Doch, es geht genau darum: ums Personal. Marco Reus wird sicher in die Mannschaft rücken, und auch für den genesenen Jonas Hector sollte sich ein Plätzchen finden. Reus könnte Julian Draxler ersetzen, der gegen Mexiko nicht gerade zielstrebig auftrat. Hector wird wohl für Marvin Plattenhardt auf dem linken Defensivflügel ins Team kommen. 4 Ändert Löw die Statik?
Das könnte sein, obwohl er nach der Niederlage auf entsprechende Fragen mit leiser Angriffslust antwortete: „Wir werden jetzt nicht alles über den Haufen schmeißen.“Denkbar ist trotzdem, dass er von seiner Lieblingsform des Spiels mit einem spielenden Mittelstürmer, der vielgerühmten falschen Neun, abrückt und gegen die abwehrstarken Schweden den Strafraumstürmer Mario Gomez ins Rennen schickt. Gegen einen wahrscheinlich defensiv auftretenden Gegner braucht seine Mannschaft ganz sicher viel mehr Läufe in die Tiefe, viel mehr Schnelligkeit und viel weniger unergiebige Breitwand-Kombination.
5 Was ist mit den Etablierten?
Löw lässt seine Vertrauten ungern fallen. Vor dem Turnier stand fest, dass er auf eine Achse der Erfahrung setzen würde. Sie besteht aus den Weltmeistern Manuel Neuer, Jerome Boateng, Toni Kroos, Sami Khe- dira, Mesut Özil und Thomas Müller. Alle spielten gegen Mexiko schlecht, Khedira besonders schlecht. Zu Löw würde trotzdem passen, dass er ihnen eine Bewährungschance gibt – auch und gerade den besonders umstrittenen Khedira und Özil. Damit rechnen die Etablierten. Hummels beteuert: „Der Trainer weiß, dass er sich auf seine Spieler verlassen kann.“
6 Wie gut ist Schweden? Fußballerisch ist der Gegner schwä- cher als Mexiko, auch in Fragen des Tempos sind die Skandinavier nicht diese Herausforderung an die deutsche Deckung. Aber in ihren sportlichen Genen sind Geradlinigkeit, Kampfstärke und defensives Denken aufbewahrt. Sie werden den Deutschen nicht den Gefallen tun und große Räume anbieten. Denn sie haben gesehen, wie schwer sich der Weltmeister mit einer kompakten Abwehr tut. Außerdem haben sie ein paar ordentliche Brocken im Aufgebot, die jedem Gegner bei den
Alle in der DFB-Delegation versichern eifrig und unisono, dass es weder Grüppchenbildung noch kleine Revolten der Jungs aus der zweiten Reihe gegen die Platzhirsche gebe. Auch wenn das stimmen sollte, ist die Laune natürlich nicht völlig unbeschwert. Das ergibt sich aus der Drucksituation, in die sich die deutsche Mannschaft selbst gebracht hat. Klassensprecher Hummels hat nach öffentlicher Kritik auf positives Denken umgeschwenkt. „Die Überzeugung kommt zurück“, sagt er. Das klingt wie eine Beschwörung.