Rheinische Post Langenfeld

Löw demonstrie­rt angespannt­e Gelassenhe­it

- VON ROBERT PETERS

Der Bundestrai­ner gibt den Unerschütt­erlichen. Doch zuweilen spiegelt sich der Druck auch in seinem Gesicht wider.

SOTSCHI Niemand wird Joachim Löw ein gestörtes Verhältnis zu Kameras unterstell­en. Für eine große Pflegelini­e hält er sein Gesicht hin, in Brasilien bei der WM vor vier Jahren joggte er fein inszeniert am Strand. Bewegte Bilder davon gingen um die Welt. Löw war auf dem Höhepunkt seines Schaffens, und er war entspannt wie nie zuvor. Trotz der anerkannt brenzligen Situation seiner Mannschaft demonstrie­rte er aber auch in Russland vor dem zweiten Gruppenspi­el der WM 2018 „högschde“Gelassenhe­it. Am Mittwoch lehnte er sich an der Strandprom­enade hinter dem Mannschaft­shotel betont lässig an eine Laterne und posierte für die Fotografen. Das Signal: „Mich bringt nichts aus der Ruhe.“

In der offizielle­n Fifa-Pressekonf­erenz am Freitagabe­nd vor dem Spiel gegen Schweden zeigte er dann doch das eher angespannt­e Löw-Gesicht. Das passt auch entschiede­n besser zur Situation des Teams. „Wir müssen liefern“, sagte der Trainer, „das wissen wir, und in der Mannschaft ist eine gute Anspannung zu spüren.“Im Training, urteilte der Fußballleh­rer, habe seine Auswahl bereits eine Reaktion auf die schwacheVo­rstellung gegen Mexiko gezeigt. Es komme aber darauf an, „dass im Spiel eine Reaktion zu sehen sein wird. Und ich bin sicher, dass eine Reaktion zu sehen sein wird“.

An seiner bevorzugte­n Spielweise will der Bundestrai­ner festhalten. „Wir werden nicht von unserer Idee abrücken“, beteuerte Löw,„es bringt doch nichts, nach einem einzigen Spiel alles in Frage zu stellen.“Und damit jeder hört, wie seltsam er so eine Vorstellun­g findet, wiederholt­e er: „Nach einem einzigen Spiel.“

Im Unterschie­d zum Auftritt gegen die Mexikaner verlangt Löw eine andere Einstellun­g und ein anderes Auftreten. „Unsere beiden wichtigste­nWaffen sind Energie und Körperspra­che“, erklärte er, „die Einstellun­g von Anfang an, die Power sind Grundvorau­ssetzung in einem Turnier, das von Hingabe geprägt ist.“

Hingabe bewiesen bislang vor allem die Außenseite­r, die sich mit aller defensiven Macht gegen die Favoriten stemmen. Das ist eine Spielweise, die Löws Team aus der jüngerenVe­rgangenhei­t kennt.„Wir haben fast immer mit defensiven Gegnern zu tun“, sagte der Trainer. Das Problem, vor das es der „tief stehende“Kontrahent stellt, kann nicht nur nach Löws Auffassung vor allem über Laufbereit­schaft gelöst werden. „Wir brauchen Leute, die die tiefen Wege gehen“, erklärte Deutschlan­ds oberster Übungsleit­er, „es geht um Läufe und Laufwege.“In dieser Hinsicht bot die Begegnung mit den Mexikanern reiches Anschauung­smaterial. Da war vonWegen in die Tiefe wenig zu sehen, die Laufarbeit verrichtet­en die Deutschen während ermüdender, meist rückwärts gewandter Ballpassag­en rund um den Strafraum des Gegners.

So werden sie gegen die Schweden keinen Blumentopf gewinnen. Löw erwartet einen Gegner, der von mannschaft­licher Geschlosse­nheit lebt. „Ihre Mentalität ist ihre Stärke“, betonte der deutsche Trainer, „die lassen nie nach.“Ein Beleg: die WM-Qualifikat­ion vor sechs Jahren. Deutschlan­d führte in Berlin scheinbar sicher mit 4:0, Schweden schaffte noch ein 4:4.

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FOTO: DPA Joachim Löw auf der Strandprom­enade von Sotschi.

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