Streit um Jobabbau bei T-Systems
Rund jeder dritte Job in Deutschland fällt bei der Telekom-Tochter T-Systems weg. Die Gewerkschaft Verdi ist geschockt und will sich gegen Kündigungen wehren. Das Management hofft auf neue Geschäfte.
BONN Wegen des angekündigten Abbaus von 10.000 Stellen bei der Telekom-Tochter T-Systems steht dem Konzern massiver Streit bevor. „Wir werden gegenhalten. Das wird sich die Belegschaft nicht gefallen lassen“,sagte unserer Redaktion Lothar Schröder, Vorstand der Gewerkschaft Verdi und stellvertretender Aufsichtsratschef der Telekom. Auch Michael Jäkel, Fachgruppenleiter für IT bei Verdi äussert sich klar: „Die geplanten Maßnahmen sind unverantwortlich und gefährden das gesamte Geschäft der T-Systems.“Er befürchtet Tausende betriebsbedingte Kündigungen. Denn Mitte Juni scheiterten Verhandlungen zwischen Telekom und Gewerkschaft über einen sozialverträglichen Umbau bei T-Systems, während Ende dieses Jahres der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen in der Sparte aus- läuft. Jäkel: „Gegen betriebsbedingte Kündigungen werden wir uns massiv zur Wehr setzen.“
Tatsächlich droht dem Telekom-Ableger gerade in Deutschland der Kahlschlag. 6000 der 10.000 Stellen sollen im Heimatmarkt wegfallen – das ist fast jede dritte der rund 18.000 Stellen hierzulande. Gleichzeitig will der am 1. Januar gestartete neue Vorstandschef Adel AlSaleh viel Arbeit künftig in Indien erledigen lassen, um Kosten zu sparen. Insgesamt hat T-Systems rund 37.000 Arbeitsplätze.
Dabei scheint es keine Alternative zur Radikalkur zu geben.Der Auftragseingang schrumpft seit zehn Jahren. In neun der vergangenen zehn Jahre schrieb T-Systems rote Zahlen, 2017 lag der Verlust bei 1,4 Milliarden Euro. Jetzt sollen die Kosten um 600 Millionen Euro runter.
Außerdem ist das Unternehmen schlecht organisiert. „Sie haben einen viel zu großen Apparat. Sie ha- ben viele Aufträge angenommen, die kein Geld einbrachten“, sagt der Betriebswirtschaftsprofessor Torsten Gerpott. Anfang des Jahres warnte sogar der Betriebsrat von T-Systems, die Gruppe sei ein Sanierungsfall: Kleine Ableger seien nur erfolgreich, „weil sie sich vor dem Kontrollwahn bei T-Systems zum Teil in Sicherheit brachten.“
Gerade der Bürokratie hat der als Sanierer bekannte Al-Saleh den Kampf angesagt: Drei der aktuell acht Managementebenen sollen wegfallen. Das Geschäft wird auf rund 20 Niederlassungen konzentriert statt der bisher rund 230 Büros.
Gleichzeitig will der in den USA ausgebildete Manager eine strategische Neuorientierung durchsetzen: Der einfache Betrieb von Rechenzentren für Großkunden soll keine große Rolle mehr spielen. „Beim reinen Outsourcing machen viele Wettbewerber günstigere An- gebote“, sagt Experte Gerpott. Dagegen will Al-Saleh stärker spezialisierte Lösungen beispielsweise für das Internet-der-Dinge (IoT), für Datenschutz und IT-Sicherheit oder auch für Anwendungen von SAP-Software anbieten. „Der Bedarf für gute Unterstützung bei der weiteren Digitalisierung ist bei vielen Unternehmen groß“, sagt Gerpott, „also kommt mir diese Spezialisierung sinnvoll vor.“
Der Telekom steht wohl der größte Konflikt seit 2007 bevor: Damals wurden große Teile des deutschen Servicepersonals in die T-Service ausgegliedert, ein wochenlanger Streik folgte, brachte aber wenig.
Jetzt ruft das SPD geführte Bundesarbeitsministerium dazu auf, sich zusammenzusetzen, das von der CDU geführte Wirtschaftsministerium will die „unternehmerische Entscheidung“nicht kommentieren. Der Bund ist Hauptaktionär der Telekom.