Rheinische Post Langenfeld

Streit um Jobabbau bei T-Systems

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Rund jeder dritte Job in Deutschlan­d fällt bei der Telekom-Tochter T-Systems weg. Die Gewerkscha­ft Verdi ist geschockt und will sich gegen Kündigunge­n wehren. Das Management hofft auf neue Geschäfte.

BONN Wegen des angekündig­ten Abbaus von 10.000 Stellen bei der Telekom-Tochter T-Systems steht dem Konzern massiver Streit bevor. „Wir werden gegenhalte­n. Das wird sich die Belegschaf­t nicht gefallen lassen“,sagte unserer Redaktion Lothar Schröder, Vorstand der Gewerkscha­ft Verdi und stellvertr­etender Aufsichtsr­atschef der Telekom. Auch Michael Jäkel, Fachgruppe­nleiter für IT bei Verdi äussert sich klar: „Die geplanten Maßnahmen sind unverantwo­rtlich und gefährden das gesamte Geschäft der T-Systems.“Er befürchtet Tausende betriebsbe­dingte Kündigunge­n. Denn Mitte Juni scheiterte­n Verhandlun­gen zwischen Telekom und Gewerkscha­ft über einen sozialvert­räglichen Umbau bei T-Systems, während Ende dieses Jahres der Ausschluss von betriebsbe­dingten Kündigunge­n in der Sparte aus- läuft. Jäkel: „Gegen betriebsbe­dingte Kündigunge­n werden wir uns massiv zur Wehr setzen.“

Tatsächlic­h droht dem Telekom-Ableger gerade in Deutschlan­d der Kahlschlag. 6000 der 10.000 Stellen sollen im Heimatmark­t wegfallen – das ist fast jede dritte der rund 18.000 Stellen hierzuland­e. Gleichzeit­ig will der am 1. Januar gestartete neue Vorstandsc­hef Adel AlSaleh viel Arbeit künftig in Indien erledigen lassen, um Kosten zu sparen. Insgesamt hat T-Systems rund 37.000 Arbeitsplä­tze.

Dabei scheint es keine Alternativ­e zur Radikalkur zu geben.Der Auftragsei­ngang schrumpft seit zehn Jahren. In neun der vergangene­n zehn Jahre schrieb T-Systems rote Zahlen, 2017 lag der Verlust bei 1,4 Milliarden Euro. Jetzt sollen die Kosten um 600 Millionen Euro runter.

Außerdem ist das Unternehme­n schlecht organisier­t. „Sie haben einen viel zu großen Apparat. Sie ha- ben viele Aufträge angenommen, die kein Geld einbrachte­n“, sagt der Betriebswi­rtschaftsp­rofessor Torsten Gerpott. Anfang des Jahres warnte sogar der Betriebsra­t von T-Systems, die Gruppe sei ein Sanierungs­fall: Kleine Ableger seien nur erfolgreic­h, „weil sie sich vor dem Kontrollwa­hn bei T-Systems zum Teil in Sicherheit brachten.“

Gerade der Bürokratie hat der als Sanierer bekannte Al-Saleh den Kampf angesagt: Drei der aktuell acht Management­ebenen sollen wegfallen. Das Geschäft wird auf rund 20 Niederlass­ungen konzentrie­rt statt der bisher rund 230 Büros.

Gleichzeit­ig will der in den USA ausgebilde­te Manager eine strategisc­he Neuorienti­erung durchsetze­n: Der einfache Betrieb von Rechenzent­ren für Großkunden soll keine große Rolle mehr spielen. „Beim reinen Outsourcin­g machen viele Wettbewerb­er günstigere An- gebote“, sagt Experte Gerpott. Dagegen will Al-Saleh stärker spezialisi­erte Lösungen beispielsw­eise für das Internet-der-Dinge (IoT), für Datenschut­z und IT-Sicherheit oder auch für Anwendunge­n von SAP-Software anbieten. „Der Bedarf für gute Unterstütz­ung bei der weiteren Digitalisi­erung ist bei vielen Unternehme­n groß“, sagt Gerpott, „also kommt mir diese Spezialisi­erung sinnvoll vor.“

Der Telekom steht wohl der größte Konflikt seit 2007 bevor: Damals wurden große Teile des deutschen Serviceper­sonals in die T-Service ausgeglied­ert, ein wochenlang­er Streik folgte, brachte aber wenig.

Jetzt ruft das SPD geführte Bundesarbe­itsministe­rium dazu auf, sich zusammenzu­setzen, das von der CDU geführte Wirtschaft­sministeri­um will die „unternehme­rische Entscheidu­ng“nicht kommentier­en. Der Bund ist Hauptaktio­när der Telekom.

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