Merkels Mannschaft
Die Kanzlerin will den Bruch mit der CSU abwenden – sammelt aber ihre Truppen für den Fall der Fälle.
BERLIN Einige Präsidiumsmitglieder sind erstaunt. Dafür, dass die Parteivorsitzende eine Schicksalswoche vor sich haben soll, sitzt sie recht gelassen da. Die Kanzlerin berichtet der CDU-Spitze am Vormittag im Konrad-Adenauer-Haus nach Teilnehmerangaben routinemäßig. Sie erzählt von ihrem Treffen mit den europäischen Partnern in Brüssel, pocht auf ein konsequentesVorgehen in der Flüchtlingspolitik ohne deutschen Alleingang und skizziert die nächsten Schritte in diesen politisch brisanten Tagen: Koalitionsausschuss am Dienstagabend, EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag, CDU-Entscheidung am Sonntag. Wer geglaubt habe, Merkel zerknirscht oder deprimiert zu erleben, sei mal wieder überrascht worden von ihrer Kondition, politische Dramen durchstehen und nach außen abperlen lassen zu wollen, heißt es.
Dabei hatte es die vorige Woche in sich. Der Streit mit der Schwesterpartei und deren Vorsitzendem Horst Seehofer um die Asylpolitik eskalierte, und nebenbei musste sie noch nach Beirut und Amman reisen und parallel mit europäischen Staats- und Regierungschefs telefonieren.
Jetzt kristallisiert sich heraus: wer von den CDU-Größen Merkel stützt und wem sie vertraut. Man kann es an einer Runde ablesen, die zusammenkam, um gemeinsam das Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Mexiko zu sehen und nach der Niederlage über einen Ausweg aus der eigenen Misere zu beraten: Merkel, CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Schleswig-Holstein, Armin Laschet, Volker Bouffier und Daniel Günther.
Volker Bouffier Hessischer Ministerpräsident
Wenn es zum Bruch mit der CSU und der Koalition kommen sollte, dürfte in diesem Kreis maßgeblich der Plan B für Regierung und Partei umgesetzt werden, auch wenn es immer heißt, es gebe diesen Plan noch nicht und Kramp-Karrenbauer am Montag sagt, „bei aller Lust am Untergang“wolle sie sich jetzt keine Gedanken über„Katastrophen-Szenarien“machen.
Nach der Präsidiumssitzung zählt sie ohne einen Anschein von Aufregung aber drei riesige Streitthemen auf. Erstens: Die CDU lehnt die Pläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zum Baukindergeld ab. Horst Wolfgang Schäuble Bundestagspräsident
Seehofer, in dessen Zuständigkeit der Komplex Bauen fällt, hatte überraschend nicht selbst Widerstand dagegen angekündigt.
Punkt zwei: Das mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron besprochene Eurozonenbudget. Das knüpfe an die Vereinbarung im Koalitionsvertrag zu einem Investiv-Haushalt an, sagt Kramp-Karrenbauer in Richtung CSU, der die Absprachen von Merkel und Macron zu weit gehen. Und schließlich Punkt drei, die Asylpolitik: Die CDU wolle die Migration mit Blick auf die Integrationsfähigkeit Deutschlands „steuern und begrenzen“, damit
Armin Laschet NRW-Ministerpräsident
sich die Krise von 2015 nicht wiederhole.
Aber sie wolle eine europäische Lösung. Kramp-Karrenbauer spricht noch von einem „Pakt zur Steuerung und Ordnung der Zuwanderung und Migration“, über den beim Koalitionsausschuss gesprochen werden solle. Das lässt aufhorchen. Denn daraus könnte eine Strategie werden, die CSU wieder einzubinden, indem die verschärfte Anwendung des Asylrechts in einem Regierungspaket niedergeschrieben wird.
Die wichtigste Botschaft von Kramp-Karrenbauer aber ist: Mer- Annegret Kramp-Karrenbauer
CDU-Generalsekretärin