Hinter dem Unionskampf steht auch das Duell Söder–Dobrindt
Die Einigkeit im „Triumvirat“der CSU wird gefeiert. Doch dahinter geht es um die Nachfolge an der Parteispitze.
BERLIN Da arbeitet Markus Söder seit Jahren auf kein anderes Ziel so intensiv hin, wie auf jenes, Ministerpräsident von Bayern zu werden und in den Kreis der Regierungschefs aufzurücken. Und wenn er dann keine 100 Tage nach Amtsantritt in der Ministerpräsidentenkonferenz Beschlüsse für Deutschland und mit Angela Merkel auf Augenhöhe verhandeln könnte, hat er die Runde nach einer Kurzvisite auch schon wieder verlassen. Seine Priorität gehörte vorletzten Donnerstag stattdessen der Landesgruppe. Deren Chef ist Alexander Dobrindt. Und den will Söder in dieser Zeit lieber nicht aus den Augen lassen. Denn so wie Söder will auch Dobrindt Nachfolger von Horst Seehofer an der Parteispitze werden.
Im Wechsel zünden Söder und Dobrindt die Raketen, um Seehofer auf einen scharfen Kurs festzulegen. Mal prescht Dobrindt mit einer „konservativen Revolution“vor, um weit über die eigene Landesgruppe hinweg den Kurs der CSU vorwegzunehmen. Dann wieder verkündet Söder das nahende Ende des Multilateralismus und bestimmt damit auch die Linie der Berliner CSU-Ab- geordneten. Und noch vor dem eigentlich zuständigen Bundesinnenminister und CSU-Chef formulierte Dobrindt die Festlegung auf Zurückweisungen bei Grenzkontrollen.
Sollte als Ergebnis der Scharfma- cherei Seehofer gegen die Richtlinien der Kanzlerin verstoßen, wäre er seinen Kabinettsposten los. Er wäre dann auch kein Bundestagsabgeordneter. Sein Landtagsmandat hat er aufgegeben. Einzig ein Büro im Münchner Franz-Josef-StraußHaus bliebe für den Chef einer Partei, die in Bayern, in Berlin und in Brüssel gehört werden will. Er wäre ein Spitzenfunktionär auf Abruf. Söder und Dobrindt hätten ihn matt gesetzt, um jederzeit selbst übernehmen zu können. Absprachen traut ihnen kaum einer zu: Im Ringen um die Seehofer-Nachfolge im Amt des Ministerpräsidenten gehör- te Dobrindt zum Seehofer-, nicht zum Söder-Lager.
Während Altvordere wie Hans Maier, Alois Glück und Theo Waigel warnen, dass ein Bruch von Union und Koalition auch den Christsozialen massiv schaden würde, machte Dobrindt erneut mobil. Er schloss ein Ende der Fraktionsgemeinschaft ausdrücklich nicht aus, sprach von „Schicksalsgemeinschaft“und dem „Wesenskern des Schicksals, dass man vorher nicht weiß, was es alles noch so für einen bereithält“. Vorsichtshalber bemühte er sich auch, die Furcht vor einem Verstoß gegen die Richtlinienkompetenz der Kanz- lerin zu nehmen. Wenn ein Minister geltendes Recht an der Grenze durchsetze, sei das von der Richtlinienkompetenz nicht erfasst.
CSU-Ehrenchef Edmund Stoiber lobte im Parteivorstand die Einigkeit der CSU unter dem„Triumvirat“Seehofer (68), Söder (51) und Dobrindt (48). Früher sprach die CSU von Doppelspitze, wenn Partei- und Regierungschef nicht identisch waren. Der Berliner Statthalter stand nicht auf derselben Ebene. Damit gab Stoiber den Eindruck wieder, wonach Alexander Dobrindt bereits wahrnehmbar aufgerückt und das Rennen derzeit offen ist.