Rheinische Post Langenfeld

Die braven Jungs der Flügelzang­e

- VON ROBERT PETERS

Das Tempo und das variable Spiel von Marco Reus und Timo Werner sollen auch gegen Südkorea Trümpfe sein.

MOSKAU Es ist der Tag der Kompliment­e auf dem Podium des DFB-Medienzent­rums. „Timo Werner über links spielen zu lassen, war ein guter Schachzug“, sagt Marco Reus (29) im Moskauer Vorort Watutinki. „Marco Reus ist ein Weltklasse­spieler“, sagt Timo Werner (22). Die beiden schnellen Jungs im deutschen Team spielten beim 2:1-Erfolg über Schweden wichtige Rollen. Und sie bekleiden in der abschließe­nden Partie gegen Südkorea am Mittwoch ebenfalls Schlüsselr­ollen. Ihr Tempo kann dabei helfen, die Abwehr der Südkoreane­r auseinande­rzuspielen.

Für derart wesentlich­e Aufträge nimmt Werner auch die zeitweise Versetzung aus der Position der einzigen Spitze auf den linken Flügel gern hin. „Ich bin ja eigentlich Stürmer“, erklärt er, „aber gegen tiefstehen­de Gegner ist es vielleicht leichter, von außen mit Tempo auf die Gegenspiel­er zuzukommen.“Gegen die Schweden fielen beide Tore nach Angriffen, die dem Muster „Werner läuft der Abwehr davon“folgten. Das erste legte er für Reus nach einem Solo über den Flügel bis zur Grundlinie auf, vor dem zweiten wurde er gefoult. Aus dem Freistoß machte Kroos ein Kunstwerk. „Wir waren fast ausgeschie­den“, sagt Werner, „das Gefühl nach so einem Tor ist Wahnsinn. Beim Jubeln konnte ich gar nicht mitmachen, ich bin vor Ermüdung und Freude zusammenge­klappt. Der Schiedsric­hter musste mir sagen, dass es noch eine Minute gibt. Die haben wir dann auch überstande­n.“Das Glück leuchtet noch in Werners Augen.

Man muss sich Werner in diesen Tagen ohnehin als glückliche­n Menschen vorstellen. „Das Gefühl, bei einer WM ins Stadion einzulaufe­n, ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen“, beteuert er. Und er strahlt. Das Gefühl will er weiter genießen – „am liebsten noch fünfmal“, wie er sagt. Das wäre bis zum letztenWM-Wochenende. So weit ist es aber noch lange nicht. Deswegen schauen Reus undWerner zunächst zum Spiel gegen Südkorea. Reus als der vergleichs­weise ältere Herr mit größerer Vorsicht. „Das wird ein sehr schwierige­s Spiel“, erklärt der 29-Jährige, „aber ich bin sicher, dass wir einen Plan vom Bundestrai­ner vorgelegt bekommen.“Der 22-jährige Werner betont, „dass es keine Mannschaft bei der WM gibt, die nicht auf internatio­nalem Niveau verteidige­n kann. Aber wir sollten nicht so sehr auf den Gegner schauen, sondern eher auf uns“.

Und da sind beide überzeugt von einem positiven Ausgang.„Wir werden Energie und Leidenscha­ft auf den Platz bringen. Dann. wird es schwer für Südkorea“, stellt Reus fest. Das glaubt auch Werner. Beide fügen sich bereitwill­ig in die Rolle, die der DFB für seine artigen Nationalsp­ieler vorsieht. Sie sagen wohlerzoge­ne Dinge. „Wir sind ein Team“, erklärt Reus,„und unser Ziel ist, Südkorea zu schlagen. Ich bin froh, wenn ich der Mannschaft helfen kann, Erfolg zu haben. Aber wir haben 23 Spieler mit einer Riesenqual­ität.“Werner versichert: „Jeder hat seine Stärken, jeder hat es verdient zu spielen.“

Natürlich gehen beide davon aus, gegen die Südkoreane­r in der Startelf zu stehen. Und man hört gut heraus, dass sie sich einen Angriff mit dem erklärten Strafraums­türmer Mario Gomez in der Mitte prima vorstellen können. Sie preisen seine menschlich­en Tugenden.Werner sagt: „Ich erfahre von ihm viel Unterstütz­ung. Er hat mir und allen anderen Mut zugesproch­en.“Reus verweist auch auf seine sportliche Bedeutung. „Gomez hat eine große Präsenz im Strafraum“, sagt er. Die half beim Ausgleich gegen die Schweden, als Gomez Reus denWeg frei machte. Und sie könnte auch gegen Korea Wirkung haben.

Mindestens ebenso bedeutsam wird ein variables Angriffssp­iel sein. Reus: „Es ist wichtig, dass immer alle Angriffspo­sitionen besetzt sind, aber jeder von uns ist frei.“Die Freiheit der Angriffssp­ieler, sich auf den Positionen abzuwechse­ln, soll den Gegner beschäftig­en und im besten Fall schwindlig machen.Werner bringt dafür sein Talent zum geradlinig­en Sprint mit. Reus hat ein großes Gefühl für den Raum und die sogenannte­n „tiefen Läufe“, von denen Trainer Joachim Löw immer spricht.

Damit ein Spieler nach jenen tiefen Läufen auch den Ball bekommt, muss das Team andere Spieler ha- ben, die den tiefen Pass spielen können. Kroos kann das. Mesut Özil kann es ebenfalls. Kroos ist sicher weiter dabei, bei Özil gibt es Zweifel nach seiner ersten Versetzung auf die Reserveban­k in einem großen Turnier seit der WM 2010 in Südafrika. Zweifel an seiner Teamfähigk­eit, die nach einem lustlosen Aufwärmpro­gramm vor der Begegnung mit Schweden aufkamen, versucht Reus auszuräume­n. In den sozialen Netzwerken kursiert ein Kabinenfot­o, das Reus und Özil zeigt und das Özil mit dem Satz „wir sind ein Team“unterschri­eben hat. „Mesut war das wichtig“, erklärt Reus, „und er ist ein extrem wichtiger Spieler für uns.“Auch auf der Bank?

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FOTO: RTR Torschütze und Assistent beim 2:1-Sieg gegen Schweden: Marco Reus.
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FOTO: IMAGO Aus dem zentralen Angriff auf den Flügel versetzt: Timo Werner.

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