Torjubel 2018
Früher galt es als extrovertiert, beim Torjubel das Trikot auszuziehen. Heute wird der Torjubel genutzt, um politische Botschaften auszusenden, Werbekunden zu präsentieren oder Szenen aus Computerspielen zu imitieren.
DÜSSELDORF München 1974, Olympiastadion, WM-Finale zwischen Deutschland und der Niederlande. Es läuft die 43. Minute, als Gerd Müller, der „Bomber der Nation“zum 2:1-Siegtreffer einnetzt. Was danach folgt, hat mit Spektakel und Inszenierung wenig zu tun. Nach seinem Treffer läuft Müller Richtung Mittelkreis. Er macht noch drei Freudensprünge, sammelt noch schnell die Glückwünsche seiner Kollegen ein, und dann war es das auch schon. Die Holländer stoßen wieder an. Keine großen Jubelgesten, keine perfekt einstudierten schauspielerischen Kunststücke.
Doch was damals normal war, sieht man elf Weltmeisterschaften
Der Torjubel ist die persönliche Bühne der
Spieler, auf der sie Botschaften aller Art übermitteln können
und 54 Jahre später auf der großen Fußballbühne nur noch selten. Heutzutage würde einem Spieler womöglich Lustlosigkeit und fehlende Emotionalität vorgeworfen, wenn er kein Tänzchen an der Eckfahne aufführt. Oder unter Umständen sogar fehlender Geschäftssinn.
Denn längst ist der Torjubel Teil des Milliardengeschäfts Fußball. Die Sekunden nach dem Treffer gehören schließlich dem Schützen. Der Moment des Torjubels ist seine persönliche Bühne, auf der er seiner Kundschaft Botschaften aller Art übermitteln und sich selbst präsentieren kann.
Da wären zum einen Marketinggründe: Der Däne Nicklas Bendtner hob zum Beispiel nach einem Treffer bei der EM 2012 sein Trikot etwas hoch, damit die Zuschauer einen Blick auf seine hervorblitzende Unterwäsche werfen konnten. Der Grund: Sie zierte den Schriftzug einer irischen Wettfirma. Bendtner erhielt daraufhin eine Strafe von 100.000 Euro und ein Spiel Sperre. Dass die Spieler in solchen Fällen die Strafe selbst zahlen, sollte man natürlich nicht glauben.
Dass aber längst auch politische Motive bei der Torfeierei eine Rolle spielen, bewiesen zuletzt die Schweizer Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri nach ihren Toren im WM-Spiel gegen Serbien. Beide hatten beim 2:1-Sieg nach ihren Treffern mit ihren Händen den doppelköpfigen Adler geformt, der die