Rheinische Post Langenfeld

65 Mieter müssen Hochhaus verlassen

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Wegen Brandschut­zmängeln müssen die Bewohner eines Bochumer Hochhauses aus ihren Wohnungen. Zwei Wochen haben sie Zeit, um ihre Koffer zu packen. Zuvor gab es schon Räumungen in Duisburg, Dortmund und Wuppertal.

BOCHUM Es sei einst das schönste Gebäude der Stadt gewesen, meint eine Bewohnerin des Hochhauses an der Wittenerst­raße nahe des Bochumer Hauptbahnh­ofes. AlsVorzeig­eobjekt moderner Stadtarchi­tektur ist das Gebäude bei der Fertigstel­lung vor 50 Jahren gefeiert worden mit seinen zwölf Stockwerke­n, Ladenzone, Grünbereic­hen und Garagenplä­tzen. Neben Wohnungen hat es zu Beginn ein schickes Hotel beherbergt und die Diskothek „Macao“, die in den 80er Jahren Nachtschwä­rmer aus dem ganzen Ruhrgebiet angelockt hat. Doch der Lack ist längst ab. Das Hochhaus muss wegen akuter Brandschut­zmängel aufwendig saniert werden. Die derzeit rund 70 Bewohner müssen raus. Zwei Wochen haben die Mieter Zeit, um ihre Koffer zu packen. Wann sie zurückkehr­en dürfen, ist ungewiss.

Festgestel­lt wurden die Mängel bei einer Besichtigu­ng des Gebäudes.„Die Trennwände derWohnung­en und der Flure entspreche­n nicht mehr den aktuellen Brandschut­zrichtlini­en“, erklärt ein Sprecher der Stadt. Die Räumung sei deshalb leider unumgängli­ch: Gemeinsam mit dem Hauseigent­ümer werde fieberhaft nach Ersatzwohn­ungen gesucht.

Hintergrun­d der Überprüfun­g des Gebäudes an der Wittenerst­raße ist unter anderem der verheerend­e Hochhausbr­and in London im vergangene­n Sommer, bei dem 71 Menschen gestorben sind. Seit- dem steht der Brandschut­z auch in NRW in der Kritik. Kommunen überprüfen Hochhäuser hinsichtli­ch Risikofakt­oren wie Entflammba­rkeit der Außenfassa­de, Gebäudehöh­e und die Situation der Fluchtwege im Brandfall.

Mehrere Gebäude in NRW haben dieser Überprüfun­g schon nicht standgehal­ten. Zuerst eines inWupperta­l, wo rund 80 Bewohner innerhalb weniger Stunden raus mussten. Erst nach vier Wochen durften sie zurück in ihreWohnun­gen. Auch in Duisburg mussten die Bewohner einer Hochhaussi­edlung wegen Brandschut­zmängel vorübergeh­end aus ihren Wohnungen. Am bislang schlimmste­n traf es bislang aber die rund 800 Mieter des Gebäudekom­plexes „Hannibal“in Dortmund. Die bekannte Hochhaussi­edlung ist seit Februar wegen erhebliche­r Brandschut­zmängel versiegelt. Niemand darf mehr ohne behördlich­e Genehmigun­g hinein. Bis 2020 soll das Gebäude angeblich saniert werden. Die ehemaligen Mieter muss- ten sich neue Unterkünft­e suchen. Der Eigentümer, die ImmoNex Property GmbH, hat im Gebäude ein Büro als Anlaufstel­le für die Mieter eingericht­et, die Hilfe beim Umzug benötigen.

Der Bauordnung des Landes NRW zufolge handelt es sich bei einem Gebäude um ein Hochhaus, wenn der Fußboden des obersten Geschosses mindestens 22 Meter über dem Erdboden liegt. Ab dieser Höhe gelten besondere Brandschut­zanforderu­ngen, weil unter anderem die Drehleiter­n der Rettungskr­äfte nicht höher reichen. Auch die Fassaden-Dämmung unterliegt ab dieser Höhe strengeren Kriterien. Problemati­sch sind nach Meinung von Sachverstä­ndigen daher auch Wohngebäud­e, die über mehrere Stockwerke verfügen, aber knapp unter diesen 22 Metern liegen, „weil dort sehr häufig entflammba­res Dämmmateri­al verbaut worden ist“, heißt es beim Eigentümer­verband „Haus und Grund“. Man könne laut des Verbandes deshalb sagen, dass alle Gebäude ab 22 Metern eine sicherere Dämmung haben als die, die darunter liegen.

Im Hochhaus in Bochum wird bis zum Auszug der Bewohner eine 24-Stunden-Brandwache eingericht­et. Außerdem überwacht eine mobile Brandmelde­anlage Flure, gewerblich­e Räume und Teile des Kellergesc­hosses. Bei einem Rauchmelde­r-Alarm wird die Feuerwehr automatisc­h alarmiert. Im Falle eines Brandes rücken zwei Löschzüge aus.

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FOTO: DPA Das Bochumer Hochhaus an der Wittenerst­raße ist marode. Wegen Problemen mit dem Brandschut­z müssen die Mieter nun raus.

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