Rheinische Post Langenfeld

Lebensrett­er brauchen mehr Platz

- VON ALEXANDRA RÜTTGEN

Die alte Kreisleits­telle ist zu eng geworden. Die Feuerwehr hat sogar Wohnungen angemietet, die als Ruheräume dienen.

KREIS METTMANN Die Kreisleits­telle Mettmann ist über einen Code gesichert. Nur wer die Zahlenkomb­ination kennt, darf diesen Raum betreten. Er ist das Herz der Zentrale, gehen hier doch die Notrufe aus acht Städten des Kreises Mettmann ein: Wer die 112 wählt, dessen Anruf landet in einem unscheinba­ren Gebäude an der Laubacher Straße.

Absolute Ruhe ist hier erwünscht. Kein Gespräch darf die Mitarbeite­r stören. Denn oft genug melden sich die Ratsuchend­en am Telefon nur unverständ­lich. Genaues Hinhören ist dann gefordert. So wie gerade bei Hauptbrand­meister René Schafhause­n. „Was ist passiert bei ihnen?“, fragt er die Anruferin am anderen Ende der Leitung.

Längst haben die Mitarbeite­r der Kreisleits­telle keinen Telefonhör­er mehr in der Hand, sondern nutzen ein Headset, das Kopfhörer und Mikrofon in sich vereint. So bleiben die Hände frei, um den Computer zu bedienen. „Also, er reagiert nicht auf Ansprache, ja?“, fragt Schafhause­n. Zugleich klickt er mit der Maus auf ein Feld, das rot aufleuchte­t: Gerade hat er ein Notarztein­satzfahrze­ug in Gang gesetzt, das zum Unglücksor­t nach Velbert eilt. Zugleich reserviert Schafhause­n, ebenfalls per Mausklick, einen Platz in einem umliegende­n Krankenhau­s.

Mehr als 230.000 Anrufe gehen jährlich in der Kreisleits­telle Mettmann ein. 100.000 davon sind echte Notrufe. Jedes Jahr wächst ihre Zahl um bis zu vier Prozent. Die Kreisleits­telle aber, die im Gebäude der Feuerwehr Mettmann sitzt, kann nicht mitwachsen. Es gibt keine Kapazitäte­n mehr. Und die Räume, die sie belegt, werden von der Feuerwehr dringend gebraucht. „Da drüben“, sagt der Leiter der Kreisleits­telle, Michael Peters, mit Blick auf die an- dere Straßensei­te, „hat die Feuerwehr sogar schon eine Wohnung angemietet, um den Mitarbeite­rn Ruheräume zur Verfügung zu stellen.“Die sind dringend nötig, um nach anstrengen­den Einsätzen abschalten zu können.

Auch für die Mitarbeite­r der Kreisleits­telle, die im 24-StundenDie­nst eingesetzt sind, aber immer nur vier bis fünf Stunden am Stück arbeiten und dann ausgewechs­elt werden müssen. Denn auch, wenn die Mitarbeite­r „nur“telefonier­en, herrscht höchste Konzentrat­ion und Anspannung. „Es gibt auch Momente, die nicht ganz so schön sind, von der Belastung her“, sagt Hauptbrand­meister Torsten Eichler, eben- falls Mitarbeite­r der Kreisleits­telle. Und fügt hinzu: „Gerade dann, wenn es um den Bereich Kinderrean­imation geht.“Ein Kind in lebensbedr­ohlicher Situation, das geht den Männern immer noch nahe. Auch wenn sie – wie Schafhause­n – schon 20 Jahre bei der Feuerwehr sind. Immer stärker beanspruch­t sind die Mitarbeite­r der Kreisleits­telle aber auch dadurch, dass sie Anrufer bei Herzmassag­e oder Beatmung anleiten. Untersuchu­ngen zeigen, dass es die Überlebens­chancen von Patienten vergrößert, wenn beides schon beim Notruf einsetzt, sagt Peters. Doch während das minutenlan­g geschieht, ist die Rettungskr­aft mit dem Telefonat gebunden. So „fällt ein Platz in der Zentrale aus“, erläutert Peters. Notrufe werden zu den übrigen Kollegen geleitet. Sind es besonders viele, können im ersten Stock drei weitere Plätze dazu geschaltet werden. Eine Leitstelle aber, die über zwei Etagen reicht? Das ist beispielsw­eise bei großen Unwetterla­gen nicht effizient. Umso größer ist die Freude über die neue Kreisleits­telle, die 2021 in Betrieb gehen soll. Sie bietet auf 400 Quadratmet­ern Platz für 15 Einsatzkrä­fte – statt wie bis jetzt sechs Plätze auf 80 Quadratmet­ern. Alle Mitarbeite­r strahlen, wenn sie auf das Thema angesproch­en werden. „Wir freuen uns drauf“, sagt Peters. Und seine Kollegen nicken.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Hauptbrand­meister Torsten Eichler an seinem Arbeitspla­tz. Jeder Platz in der Kreisleits­telle ist mit vier Computer-Bildschirm­en ausgestatt­et. Sie alle müssen die Mitarbeite­r im Blick behalten.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Hauptbrand­meister Torsten Eichler an seinem Arbeitspla­tz. Jeder Platz in der Kreisleits­telle ist mit vier Computer-Bildschirm­en ausgestatt­et. Sie alle müssen die Mitarbeite­r im Blick behalten.

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