Google startet Bezahlen per Smartphone
Google Pay soll das Bargeld in Deutschland überflüssig machen. Neben Kreditkartenriesen wie Mastercard oder Visa macht auch die Commerzbank mit – aus Furcht vor ihrem Einfluss in der digitalen Welt.
BERLIN (dpa) Google bringt seinen Smartphone-Bezahldienst nach Deutschland und kommt damit dem Rivalen Apple zuvor. Bei Google Pay ersetzt ein Telefon mit dem Google-Betriebssystem Android die Kreditkarte, zum Zahlen hält man das Gerät im Laden an das Terminal. Die Kassentechnik muss dafür kontaktloses Bezahlen per NFCFunk unterstützen – ein großer Teil der Terminals in Deutschland wurde bereits entsprechend umgerüstet. Außerdem kann man mit Google Pay auch bei Online-Käufen sowie in Apps bezahlen.
Die Partner von Google Pay zum Start in Deutschland sind neben den Kreditkarten-Riesen Mastercard und Visa die Commerzbank zusammen mit Comdirect sowie die Online-Banken N26 und Boon. Folgen sollen demnächst die LBBW und Revolut. Bei Online-Zahlungen wird die mit dem Google-Konto verbundene Karte belastet – hier ist damit egal, von welcher Bank sie ist.
Deutschland ist das 19. Land mit Google Pay. Der Internet-Konzern sehe den Dienst als offene Plattform, sagte Google-Manager Philipp Justus. „Wir freuen uns auf weitere Partner.“Zugleich gehen mehrere deutsche Bankengruppen auf eigene Faust ins Geschäft mit Smartphone-Zahlungen. So will die genossenschaftliche Finanz-Gruppe der Volks- und Raiffeisenbanken ab August Bezahlen per Handy anbieten.
Google bekomme keinen Anteil von den Transaktionen, betonte Konzernmanager Spencer Spinnell. Dem Internet-Konzern gehe es darum, Geschäfte zu ermöglichen und Android möglichst attraktiv zu machen. Nutzerdaten verwende Google lediglich dafür, um eine ausführliche Rechnung zu den Käufen zu erstellen. „Wir geben grundsätzlich keine Daten unserer Kunden weiter, auch nicht an Google“, sagte Torsten Daenert von der Commerzbank.
In Deutschland ist Bargeld nach wie vor viel populärer als in anderen Ländern. Im vergangenen Jahr ging der Anteil der Barzahlungen am Umsatz nach Zahlen der Unterneh- mensberatung Oliver Wyman allerdings von über 53 Prozent auf unter 48 Prozent zurück.„Solange wie der Kunde mit dem Bezahlen mit Bargeld zufrieden ist, wird er nicht so schnell auf mobile Payment umsteigen“, betont Oliver-Wyman-Experte Gökhan Öztürk.
Das Bezahlen per Smartphone gilt seit Jahren als Zukunftsvision, blieb jedoch bisher ein Nischengeschäft und ist imVolumen der deutschen Handelsumsätze kaum messbar. Frühe Modelle mit Strichcodes auf dem Bildschirm erwiesen sich als unpraktisch. Seit sich NFC-fähige Terminals im Handel ausbrei- teten, gibt es mehr Apps einzelner Banken, die kontaktloses Bezahlen anboten. Die iPhone-Besitzer sind davon vorerst ausgeschlossen: Die NFC-Schnittstelle der Telefone ist bisher nur für den eigenen Dienst Apple Pay zugänglich. Aus der Bankenbranche gab es daher Forderungen nach einer Öffnung.
„Europäische Banken befürchten, obsolet zu werden, wenn morgen große Player wie Apple und Google in den Markt für Finanzdienstleistungen reingehen sollten“, sagte Öztürk. „Daher nutzen die Banken jetzt aus taktischen Gründen die Chance, mit diesen großen Platt-
form-Anbietern etwas gemeinsam zu machen.“Commerzbank-Manager Daenert betonte, im Smartphone-Markt müsse man auf Ebene der Betriebssysteme einen Fußabdruck hinterlassen, um Reichweite zu bekommen.
Google überholt mit dem Start Konkurrent Apple auf dem deutschen Markt. Der iPhone-Konzern hat seit 2014 ein ähnlich funktionierendes Bezahlsystem für seine Geräte, das schrittweise auch in europäischen Ländern eingeführt wird. Über einen anstehenden Start von Apple Pay in Deutschland wurde mehrfach spekuliert, er blieb jedoch bisher aus. Apple verlangt einen Anteil von 0,15 Prozent von den Transaktionen.