Vergiftete Mann Kollegen mit Pausenbrot?
Ein Mitarbeiter soll Gift auf die Brote gestreut haben. Ermittler untersuchen nun 21 Todesfälle in der Belegschaft.
SCHLOSSHOLTE-STUKENBROCK (dpa) Nach einem mutmaßlichen Mordversuch mit vergiftetem Pausenbrot nehmen die Ermittler 21 Todesfälle seit dem Jahr 2000 unter die Lupe. Dabei geht es um Mitarbeiter einer Firma in Schloß Holte-Stukenbrock, die vor Eintritt in den Ruhestand gestorben waren, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch mitteilten. Auffallend oft seien die Betroffenen demnach an Herzinfarkten und Krebserkrankungen gestorben. Ursache dafür könnte laut einem Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA) eine Schwermetallvergiftung sein.
Seit Mai 2018 sitzt ein 56 Jahre alter Mitarbeiter der Firma in Untersuchungshaft. Er soll versucht haben, mit einem toxischen Pulver auf dem Pausenbrot seinen Kollegen umzubringen. Der Tatverdächtige war durch Videoaufzeichnungen überführt worden. Zuvor war einem seiner Kollegen ein verdächtiges Pulver auf dem Belag seines Brotes aufgefallen.
Zu den Vorwürfen schweigt der Mann, das Motiv ist offen. In sei- ner Wohnung hatten die Ermittler laut Mitteilung Stoffe gefunden, aus denen giftige Substanzen hergestellt werden können. Darunter sind Quecksilber, Blei und Cadmium. Nach dem vorläufigen Gutachten des LKA soll der Verdächtige giftiges Bleiacetat auf das Brot gestreut haben. Die Menge sei dazu geeignet gewesen, schwere Organschäden auszulösen.
Bei den jetzt aufgefallenen Todes- fällen sollen in einem ersten Schritt Angehörige und die Ärzte befragt werden, die die möglichen Opfer behandelt haben. Nach Sichtung der Krankenakten soll dann laut Mitteilung in Absprache mit Rechtsmedizinern geprüft werden, ob die Leichen, wenn möglich, nochmals untersucht werden. Die Polizei in Bielefeld hat eine 15-köpfige Mordkommission gebildet, die sich jetzt auf die Todesfälle konzentriert.
Bei zwei weiteren Krankheitsfällen in der Firma hat sich jetzt der Verdacht auf Schwermetallvergiftungen konkretisiert. Nach bislang unbestätigten Medienberichten soll einer der beiden Mitarbeiter seit einiger Zeit im Koma liegen. Ein weiterer Patient befinde sich in Dialyse-Behandlung.
Eine Sprecherin der Informationszentrale gegen Vergiftungen an der Universität Bonn sprach von einem „sehr ungewöhnlichen Fall“. Bleivergiftungen seien selten und äußerst schwer nachzuweisen, weil Symptome wie Lähmungen, Zittern, Schwindel oder Zahnfleischverfärbungen auch auf andere Krankheiten hindeuten könnten. Bei einer Exhumierung der Leichen werde sich aber das Blei wahrscheinlich nachträglich nachweisen lassen, sagte sie.
Das Bleiacetat sei für die Opfer kaum zu schmecken, so die Toxikologin weiter. Bleivergiftungen sind äußert selten. Sie selbst habe in langjähriger Berufspraxis gerade einmal zwei Fälle erlebt, sagte die Sprecherin.