Rheinische Post Langenfeld

Mehr Flüchtling­e über Land aus der Türkei

- VON GREGOR MAYNTZ

Nach Angaben der UN kommen mehr Menschen über das Mittelmeer nach Spanien, weniger nach Italien.

BERLIN Die Flüchtling­srouten im Mittelmeer­raum sind massiv in Bewegung geraten. Das geht aus einem vertraulic­hen Lagebild des Auswärtige­n Amts hervor, das unserer Redaktion vorliegt. Demnach ist die Zahl der Flüchtling­e von Nordafrika nach Italien in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im Vorjahresv­ergleich um 78 Prozent gesunken. Die Zahl der Flüchtling­e von Afrika nach Spanien dagegen stieg um 54 Prozent. Die mit Abstand größte Dynamik gab es auf dem Landweg aus der Türkei Richtung EU. 6004 Flüchtling­e kamen über diesen Weg – eine Steigerung um 600 Prozent.

Die Zahl der Flüchtling­e an der spanischen Südküste stieg derweil von 6629 auf 10.216 Menschen. Auch auf den griechisch­en Inseln wurde eine Steigerung um 66 Prozent von 6697 auf 11.133 registrier­t. In Italien landeten 13.147: Im Vorjahr waren es noch 60.288. Nach Angaben des UN-Flüchtling­shilfswerk­s kom- men inzwischen mehr Flüchtling­e in Spanien als in Italien und in Griechenla­nd an. Die neue Regierung in Madrid hatte einen flüchtling­sfreundlic­heren Kurs eingeschla­gen.

Zur Debatte um das Rettungssc­hiff der privaten Mission „Lifeline“aus Dresden nahm Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) in einer vertraulic­hen Sitzung des Innenaussc­husses Stellung. Nach Teilnehmer­angaben sagte er die Aufnahme von bis zu 50 Geretteten zu, knüpfte das aber an zwei Bedingunge­n: Zum einen müssten andere Länder vergleichb­are Zusagen machen, und zum anderen dürfe dies keine Präzedenzw­irkung entfalten. Deshalb sprach er sich für die Prüfung aus, ob das Schiff aus dem Verkehr gezogen und die Crew strafrecht­lich verfolgt werden könne. Auch aus dem französisc­hen Präsidente­npalast verlautete Kritik an einer „Verletzung des Seerechts durch das Schiff ,Lifeline’“. Das Schiff fahre unter niederländ­ischer Flagge, sei aber dort nur als Ausflugssc­hiff registrier­t und verlasse europäisch­e Hoheitsgew­ässer.

Linken-Innenexper­tin Ulla Jelp- ke kritisiert­e Seehofer massiv. Der Minister fordere „offen die Kriminalis­ierung von Seenotrett­ern“und habe im Umgang mit Schutzsuch­enden „längst jeden Anstand verloren“. Zuvor hatte auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki gesagt: „Jeder Mensch, der jetzt stirbt, geht auf das Konto von Horst Seehofer.“Damit hatte sich Kubicki auf das anfänglich­e Zögern des Ministers bezogen, das gesetzlich vorgeschri­ebene Einverstän­dnis zur Aufnahme von Schiffbrüc­higen zu erteilen.

Seehofer kam der Aufforderu­ng der Grünen nicht nach, im Ausschuss Details seines „Masterplan­es“zu nennen. „Leider hat der Minister nur völlig unzureiche­nde Informatio­nen verkündet“, sagte Grünen-Innenexper­te Konstantin von Notz. Seine FDP-Kollegin Linda Teuteberg nannte es einen „beispiello­sen Vorgang, dass die Union unser Land in eine Regierungs­krise stürzt über ein Papier, von dessen 63 Punkten 62 der Öffentlich­keit gar nicht bekannt sind“.

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